Schweinerei und Hoffnung

  • Lesedauer: 2 Min.

Die Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy, bis vor Kurzem Mitglied im Beirat des Humboldt-Forums, hat scharfe Kritik an dem Projekt geübt. Das Humboldt-Forum und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz sollten die Geschichte ihrer Sammlungen offenlegen. »Provenienzforschung müsste das Ding sein«, sagte Savoy der »Süddeutschen Zeitung« (Freitag). Ohne eine Auseinandersetzung mit dem Ursprung der außereuropäischen Kulturzeugnisse dürfe heute kein ethnologisches Museum öffnen.

Sie sei aus Frust über den Umgang mit dem Beirat aus dem Gremium ausgetreten. Der Beirat sei seit 2015 nur zweimal zusammengetreten. Savoy, die an der Technischen Universität Berlin und am Collège de France lehrt, sprach von einem unlösbaren Widerspruch. »Die Architektur signalisiert, dass man Geschichte rückgängig machen kann. Doch den Leuten, die um Rückgabe gestohlener Objekte bitten, erklärt man, Geschichte lasse sich nicht rückgängig machen«, sagte Savoy.

»Ich bin froh über jede Idee, alles was die Intelligenz anspricht und nicht nur dazu da ist, die Massen reinzubringen und mit Restaurants und Shops Kasse zu machen«, sagte die Historikerin. »Dafür ist das Humboldt-Forum zu schade«. Dazu gehörten 300 Jahre Sammeltätigkeit »mit all den Schweinereien und Hoffnungen, die damit verbunden sind. Das sind wir, das ist Europa.« Man könnte sich unendlich viel vorstellen, »wenn das Ganze nicht unter dieser Bleidecke begraben wäre wie Atommüll, damit bloß keine Strahlung nach außen dringt. Das Humboldt-Forum ist wie Tschernobyl«, sagte Savoy. »Wenn man Objekte nur ausstellt und nicht mehr intellektuell an ihnen arbeitet, sind sie tot«, sagte Savoy. Die Politik habe sich für den Schloss-Wiederaufbau entschieden, drücke sich aber vor einer kritischen Auseinandersetzung damit. Jetzt versuchten Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und Gründungsintendant Neil MacGregor, »zu retten, was noch zu retten ist«, so Savoy. dpa

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal