nd-aktuell.de / 24.07.2017 / Berlin / Seite 11

Evangelische Kirche beim CSD

Theresa Liebig

Auf Truck Nummer 43 tummeln sich Engel mit schwarzer und weißer Federboa, eine Drag Queen auf Highheels und ein paar Bräute mit Bräutigam. Der Wagen ist einer von vielen beim Berliner Christopher-Street-Day, doch er ist ein besonderer: Mittendrin stehen zwei Pfarrer in typischer Kleidung, mit Kollarhemd und Beffchen, sie tragen Eheringe und leben zusammen. Es ist der erste Wagen der evangelischen Kirche beim CSD.

Auf dem überwiegend aus Spendengeldern finanzierten Truck, auf dem auch andere Religionen vertreten waren, sind am Samstag nach Angaben der Sprecherin des Kirchenkreises Stadtmitte, Christiane Bertelsmann, etwa 160 Leute mitgefahren. Die Anwältin Seyran Ates ist eine der prominentesten von ihnen. Es sei »fantastisch, dass die Kirchen mit einem eigenen und so wunderschönen Wagen mitfahren«, sagt die Frauenrechtlerin, die seit der Gründung ihrer liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee Morddrohungen erhält. Vom Feiern lässt sie sich nicht abhalten - umringt von Personenschützern und Kameras.

»Trau Dich« steht auf Ballons und darunter »Trauungfueralle in unseren Kirchen«. Denn die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz wirbt mit dem Truck für die kirchliche Trauung gleichgeschlechtlicher Paare, die in der Landeskirche seit einem Jahr möglich ist.

Bunt geschminkte Menschen werfen mit Konfetti und Rosenblättern. Im Alltag sind sie Pfarrer, engagieren sich in der Suppenküche oder arbeiten als Küsterin in der Kirche. Sie werfen nicht nur Konfetti, sondern verteilen auch Informationen über die Trauung homosexueller Paare.

Der Truck sei ein »deutliches Zeichen, um zu zeigen, dass wir uns als evangelische Kirche freuen, Schwule und Lesben gleichberechtigt trauen zu können«, sagt der Superintendent des Kirchenkreises Stadtmitte, Bertold Höcker. Der Kirchenwagen sei ein »Zeichen dafür, dass die Menschen sehen, dass die evangelische Kirche ein gewaltiges Stück Toleranz mitbringt«, sagt Thomas Beckmann, Sprecher der ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche Berlin. Die Kirche sei über ein Jahr schneller gewesen als der Staat, die Ehe auch für homosexuelle Paare zu öffnen.

Es sei illusorisch zu glauben, dass sich durch diese Aktion mehr homosexuelle Menschen kirchlich trauen lassen, sagt Christiane Bertelsmann: »Von dem Umzug auf dem CSD können wir nicht mehr erwarten, als dass die Menschen von der Kirche überrascht werden.« Den Truck sieht sie auf jeden Fall als Erfolg: »Die Stimmung auf dem Wagen war gut, der Truck war immer voll.« epd/nd