Das Feuer brach kurz vor Mitternacht aus, erfasste einen Anbau und griff sehr schnell auf das Hotel über. Hotelgäste, Personal und eine vielköpfige Geburtstagsgesellschaft konnten sich rasch in Sicherheit bringen. Kurz darauf stand in der Nacht zum Mittwoch vergangener Woche das »Hotel & Restaurant Neu-Helgoland« in Flammen, brannte der Dachstuhl ab. Die Feuerwehr brauchte Stunden, bis die letzten Glutnester erstickt waren. Vor allem dem beherzten Einsatz der Mitarbeiter ist es wohl zu danken, dass kein Mensch zu Schaden kam.
Knapp eine Woche später ist das sonst offen zugängliche Gelände abgesperrt. Verkohlte Balken im zerstörten Dachgeschoss zeugen von der Gewalt des Feuers. Eine riesige weiße Plane bietet etwas Schutz vor Regen und Wind. Handwerker sind emsig am Werken, ein Kran ist aufgestellt. In weißen Lettern auf rotem Grund verkündet ein Plakat an der Einfahrt: »Hotel & Restaurant Neu-Helgoland bleibt vorübergehend geschlossen«.
Es ist ein ständiges Kommen und Gehen: Handwerker und Krawattenträger, Baufahrzeuge und die Post - doch selbst Unterstützer haben an diesem Tag keinen Zutritt. Die Chefin, Dagmar Tabbert, führe erste Gespräche mit den Gutachtern von der Versicherung, heißt es. Fest steht, dass es erheblichen Klärungsbedarf gibt. Ende vergangener Woche hatte die Polizei mitgeteilt, dass ein technischer Defekt als Brandursache ausgeschlossen werde. Das Feuer sei in einem Müllcontainer ausgebrochen und habe das benachbarte Gebäude in Brand gesetzt. Der Sachschaden sei erheblich, man prüfe, ob der Brand bewusst gelegt wurde oder durch fahrlässiges Verhalten entstand.
Dem »nd« sagt sie auf Nachfrage: »Ich kann Ihnen heute noch nichts Konkretes sagen. Eins steht fest: Wir machen auf alle Fälle weiter.« Dagmar Tabbert ahnt, was da in den kommenden Wochen auf sie zurollt. Schon einmal, im Januar 2002, war ihr Lokal ein Raub der Flammen geworden. Es hieß, der 1897 errichtete Fachwerkbau, sei durch Brandstiftung zerstört worden. Nicht zuletzt dank der Unterstützung zahlreicher Musiker, die in Neu-Helgoland eine sichere Spielstätte und eine treue Fangemeinde haben, entstand nach historischem Vorbild ein Neubau, gelang der Neustart. Die heutige Besitzerin stammt aus einer alten Gastwirtsfamilie, das Lokal hatte 1898 ihr Urgroßvater Wilhelm Fröhlich erworben. Dagmar Tabbert will sich keinesfalls unterkriegen lassen. »Ich hoffe, dass wir zu Weihnachten wiedereröffnen können«, sagt sie tapfer.
In der Nachbarschaft ist die Anteilnahme groß. Marlies Turley steht mit ihrem Grundstücksnachbarn Horst Voss am Gartenzaun im Neuhelgoländer Weg. Dass das Lokal schon zum zweiten Mal abgebrannt ist, bewegt sie sehr, auch wenn es diesmal wohl nicht ganz so schlimm wie 2002 gekommen sei. »Die Leute dort sind immer sehr hilfsbereit«, sagt Marlies Turley. »Und auf Dagmar Tabbert ist wirklich Verlass. Mein Mann und ich haben im Restaurant Goldene Hochzeit gefeiert.« Horst Voss kannte noch den alten Tabbert, ihren Vater. Der habe dort vor dem Krieg auch Karussells und Schießbuden betrieben, erinnert er sich. Sein eigenes Grundstück im Neuhelgoländer Weg sei seit 80 Jahren in Familienbesitz. Beide sind optimistisch, dass das Lokal wieder auf die Beine kommt: »Sie glauben gar nicht, wie viele Leute da gleich am Tag nach dem Brand vorbeigekommen sind, um zu helfen und mit anzupacken.«
In Neu-Helgoland haben vor allem ostdeutsche Bands und Musiker ein Refugium gefunden. Am 1. September wollte Christiane Ufholz mit »Band & Friends« ihren 70. Geburtstag mit einem Konzert feiern, am 30. September hatte sich »Lift« angesagt. Viele Musiker haben ihre Solidarität bekundet. Der Sänger und Komponist Arnold »Murmel« Fritzsch hat eigens einen Song geschrieben, ein Lied, bei dem möglichst viele Kollegen mitmachen sollen. »Es ist noch nicht ganz zu Ende gedacht«, sagt er. Mit dabei ist Angelika Mann, die »Lütte«. Sie war in Neu-Helgoland unter den Gästen jener Geburtstagsparty, deren Teilnehmer vom Personal an den Flammen vorbei sicher ins Freie geleitet wurden. »Ich treffe mich in dieser Woche zu Aufnahmen mit Arnold Fritzsch«, sagt die Sängerin. Beide hoffen, dass viele Künstler mithelfen.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1058488.neu-helgoland-lebt.html