nd-aktuell.de / 27.07.2017 / Kultur / Seite 17

Die Arme zu kurz, die Beine zu lang

Vor 100 Jahren geboren: der sympathische französische Komödiant Bourvil

Hans-Dieter Schütt

Wahrer Witz stand auch im Kino oft genug unter Drohungen des Argwohns. Laurel und Hardy mussten erst tot sein, damit man ihre Genialität nunmehr ohne nölende Beitöne pries. Auch Buster Keaton bekam seinen Platz unter den Ersten postum zugeteilt. In Frankreich hat es Jacques Tati gereicht, eine groteske Position einzunehmen, um sich fast zu ruinieren. Pierre Etaix hat für nichts und wieder nichts gedreht. Und wenn Yves Robert große komische Erfolge hatte, so wendete er dennoch viel Sorgfalt darauf zu erklären, diese Komik habe, um als gerechtfertigt zu gelten, genügend »Hintergedanken«. Einzig Louis de Funès hatte diese Furcht vor Einstufungen ins Niedere nie. Er war unverklemmt gut - und erfolgreich.

Der Schauspieler Bourvil setzte ein Zwinkern auf und sagte vor TV-Kameras: »Ich sehe, naturgegeben, immer etwas unglücklich aus. Als wolle ich mich entschuldigen für das, was ich tue.« Er hielt die Bemerkung wohl ebenfalls für angebracht - im Klamauk-Gewerbe (»Zwei Mann, ein Schwein und die Nacht von Paris«, »Alles Gold dieser Welt«, »Schussfahrt nach San Remo«, »Das Superhirn«).

Der sympathische Komödiant - 1917 als André Robert Raimburg geboren - wirkte stets ungelenk traurig, würdevoll verhemmt; die Arme zu kurz, die Beine zu lang, die Ohren wie Segel. Manchmal wirkte er, als habe eine windzitternde Vogelfeder beschlossen, es sich ausgerechnet in einer Eisenfabrik behaglich zu machen. »Scharfe Sachen für Monsieur« (1965) erhob de Funès und Bourvil zum grandiosen Duo. Der eine transportiert unfreiwillig Diamanten, die ihm der andere abzujagen versucht. Bourvil von naiver Gläubigkeit und ironischer Sanftmut, de Funès von zähneknirschender Gerissenheit, winselnd-falscher Freundlichkeit und heimtückischer Aggressivität. Es war der Start einer berückend komischen wie intelligenten Paar-Konstellation - Bourvils Tod 1970 in Paris zerstörte Pläne, die Hollywood bereits zur Kopie mit Dean Martin und Jack Lemmon inspiriert hatten. Bourvils letzte Rolle war eine der wenigen ernsten seiner Karriere: Im düsteren Krimimythos »Vier im Kreis« von Jean-Pierre Melville spielte er einen Kommissar, der einzig im Leben mit seinen Katzen ein Einverständnis mit der zerfrosteten Welt findet.