nd-aktuell.de / 03.08.2017 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 7

Moskau warnt vor »Handelskrieg«

Präsident Trump gibt US-Kongress Schuld an schlechten Beziehungen zu Russland

Es war eine Unterschrift mit Zähneknirschen, ganz ohne Blitzlicht- und das übliche Twitter-Gewitter. Zwar hat US-Präsident Trump die von Repräsentantenhaus wie Senat mit großer Mehrheit beschlossenen neuen Strafmaßnahmen gegen Russland am Mittwoch in Kraft gesetzt, doch sparte das Weiße Haus nicht mit massiver Kritik am Sanktionspaket. Es weise »gravierende Fehler« und »schwere Makel« auf, weil damit unzulässig in die Zuständigkeiten der Exekutive eingegriffen werde. Der Kongress überschreite seine Kompetenzen.

Das Parlament hat auf Klauseln bestanden, die die präsidialen Möglichkeiten für eine mögliche spätere Abmilderung der Sanktionen erheblich einschränken – obwohl die Republikaner die Kongresskammern beherrschen. Das lässt sich nur als Misstrauensvotum gegen Trump und Zeichen wachsender Entfremdung zu seiner Partei lesen. Der Präsident hatte seine Signatur trotz alle Bedenken damit begründet, dass es ihm um die »nationale Einheit« gehe.

Tatsächlich muss er angesichts der weiter schwelenden Affäre um die Russland-Kontakte seiner Wahlkampfmannschaft den Eindruck vermeiden, er stehe unter dem Einfluss Moskaus. Bei einer Blockade des Gesetzes hätte ihm eine schwere parlamentarische Niederlage gedroht, können die beiden Häuser des Kongresses doch mit ihrer Zwei-Drittel-Mehrheit ein präsidiales Veto überstimmen.

Moskaus Reaktion kam nicht aus dem Kreml. Es ist Regierungschef Dmitri Medwedjew, der Trump auf seiner Facebook-Seite »totale Schwäche« vorwirft und die Erweiterung der bisherigen Sanktionen wegen angeblicher russischer Cyberattacken im US-Wahlkampf und der Annexion der Krim-Halbinsel als »umfassenden Handelskrieg« brandmarkt.

Diese Strafmaßnahmen, die vor allem gegen den Energiesektor und gegen Waffenexporteure gerichtet sind, hätten die »russische Hoffnung auf eine Verbesserung der Beziehungen mit der neuen US-Regierung beendet«. Noch Anfang Juli, nach seiner Begegnung mit Präsident Wladimir Putin beim G20-Gipfel in Hamburg, hatte Trump eine »konstruktive Zusammenarbeit« angekündigt. Das russische Außenministerium sieht jetzt dagegen eine »gefährliche, kurzsichtige« Politik Washingtons, die die »Stabilität« in der Welt untergrabe.

Auch in Europa wächst die Kritik. So befürchtet die Bundesregierung, dass künftig deutsche Unternehmen, die mit Russland im Energiebereich zusammenarbeiten, von den Sanktionen betroffen sein könnten. In Berlin hat man dabei etwa die Pipeline Nord Stream II im Auge, über die ab 2019 russisches Erdgas nach Deutschland geliefert werden soll. Auch die Maschinenbauer sehen die neuen Sanktionen mit Sorge. »Die Amerikaner wenden ihr Recht auf Dritte an, das ist völkerrechtswidrig«, erklärte Ulrich Ackermann vom Branchenverband VDMA am Donnerstag. Hier müsse die Bundesregierung »klar eine rote Linie ziehen«.

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte Washington vorgeworfen, durch diesen Alleingang ohne Abstimmung mit der EU eine »Spirale diplomatischer Eskalation in Gang gesetzt« zu haben. Wie Russlands Regierungschef Medwedjew betont, behalte man sich nach der schon verkündeten drastischen Reduzierung des US-amerikanischen Botschaftspersonals in Moskau jetzt »selbstverständlich das Recht auf weitere Gegenmaßnahmen vor«. Trotzdem meinen politische Beobachter, dass die russische Reaktion bislang vergleichsweise zurückhaltend ausgefallen sei.

So werde auch betont, dass man »offen für eine Zusammenarbeit mit den USA« in jenen Bereichen bleibe, die für die »internationale Sicherheit« nützlich seien, etwa bei der Beilegung regionaler Konflikte. Und Präsident Putin hatte im Staatsfernsehen unlängst erklärt, dass man Washington durchaus in »Bereichen treffen könne, die empfindlich für die amerikanische Seite sind«. Derzeit sei das aber nicht notwendig.

»Es würde nicht nur die russisch-amerikanischen Beziehungen belasten, es würde auch bei uns einigen Schaden anrichten.« Beide Länder arbeiten insbesondere in den Bereichen Energie und Luftfahrt zusammen. So ist der US-Konzern ExxonMobil Partner von Rosneft beim Ölfeld vor Sachalin und will auch in Nordamerika und in Mosambik kooperieren. Und der der weltgrößte Titan-Produzent VSMPO-Avisma liefert bis zu 40 Prozent dieses vom US-Flugzeugbauer Boeing so dringend benötigten Rohstoffs. Beide unterhalten zwei Gemeinschaftsunternehmen in Russland.