nd-aktuell.de / 09.08.2017 / Ratgeber / Seite 23

Arbeitgeber darf nicht einseitig Arbeitszeit und Gehalt kürzen

Urteile im Überblick

Das geht aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln (Az. 4 Sa 849/15) hervor. Darauf weist die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltverein (DAV) hin.

In dem verhandelten Fall gab es in einem Arbeitsvertrag die Klausel, dass die Arbeitszeit durch den Arbeitgeber »entsprechend gekürzt werden« kann, und zwar einseitig und ohne Rücksprache mit dem Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber kürzte dann die Arbeitszeit um 50 Prozent und setzte dementsprechend den Lohn herab.

Dagegen wehrte sich der Mitarbeiter mit Erfolg. Diese Klausel ist unwirksam, entschied das Landesarbeitsgericht. Sie lasse unzulässige einseitige Eingriffe in den Kernbestand des Arbeitsverhältnisses zu. Bei Arbeitszeit und Arbeitsentgelt handele es sich um wesentliche Elemente des Arbeitsvertrags. Die Möglichkeit einer einseitigen Änderung dieser Punkte müsse daher ausgeschlossen sein. DAV/nd

Nach Kündigung drei Wochen Zeit für Klage

Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach der Kündigung eingereicht werden, um zulässig zu sein. Außerhalb dieser Frist ist es aber noch möglich, eine falsche Kündigungsfrist mit einer Klage anzugreifen.

Darüber informiert die AG Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins und bezieht sich auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (Az. 5 Sa 1199/16). DAV/nd

Fristlose Kündigung: Umwandlung möglich

Eine unwirksame fristlose Kündigung kann unter Umständen in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Denn die Formulierung »mit sofortiger Wirkung« mag nicht gültig sein, sie zeigt aber deutlich, dass sich ein Arbeitgeber so schnell wie möglich von einem Mitarbeiter trennen will.

So die Entscheidung des Amtsgerichts Siegburg (Az. 5 Ca 2595/15), auf die der Deutsche Anwaltverein verweist.

Kläger in dem Fall war ein Angestellter, der von seinem Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung erhielt. Das Arbeitsverhältnis wurde »mit sofortiger Wirkung« beendet. Allerdings war die außerordentliche Kündigung in diesem Fall unwirksam. Da der Arbeitgeber nicht gleichzeitig noch ordentlich gekündigt hatte, hielt der Mitarbeiter die Kündigung insgesamt für unwirksam - und zog vor Gericht, hatte aber keinen Erfolg. DAV/nd

Strafe für polemisches Zeugnis

Verpflichtet sich der Arbeitgeber im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses zu einem wohlwollenden qualifizierten Zeugnis, muss er auch ein solches schreiben. Erteilt er nur ein provokatives und polemisches Zeugnis, kommt er dieser Verpflichtung nicht nach. Ein Gericht kann dann das festgelegte Zwangsgeld oder auch die Zwangshaft verhängen.

Der Deutsche Anwaltverein informiert über eine dementsprechende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln (Az. 12 Ta 17//17).

In dem verhandelten Fall schlossen Arbeitnehmerin und Arbeitgeber im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses einen Vergleich. Darin hieß es auch, dass der Chef ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis ausstellt. Im dem mit »Zeugnis« überschriebenen Schreiben hieß es jedoch unter anderem: die Mitarbeiterin sei »sehr bemüht« gewesen und »geschlechterbezogen sehr beliebt«. DAV/nd

Kündigung wegen Krankheit

Wer lang und oft krank ist, muss eventuell mit einer Kündigung durch den Arbeitgeber rechnen. Die Fehlzeiten allein reichen als Kündigungsgrund aber noch nicht aus, selbst wenn sich über Jahre Krankheit an Krankheit reiht. Es muss auch abzusehen sein, dass es in Zukunft keine Besserungen gibt.

Das geht aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Az. 2 Sa 158/16) hervor, auf das der Rechtssprechungsreport Arbeitsrecht (Ausgabe 7/2017) der Neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht hinweist. In dem Fall ging es um eine Anlagenfahrerin, die von 2011 bis 2015 für 400 Tage ausfiel. epd/nd

Zeckenbiss bei Polizist kein Dienstunfall

Ein Polizist ist mit dem Versuch gescheitert, die Anerkennung eines Zeckenbisses als Dienstunfall zu erzwingen.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster (Az. 3 A 2748/15) urteilte, dass der Beamte nicht mit der erforderlichen Sicherheit belegen könne, dass er sich den Zeckenbiss während eines Einsatzes nach einem Verkehrsunfall in einem Waldstück zugezogen habe.

Der Polizist aus dem Rheinland war im Dezember 2013 einem verunglückten Autofahrer zur Hilfe geeilt, der mit seinem Wagen von einer Autobahn abgekommen war. Das Auto kam erst in einem dicht bewachsenen Gelände zu Stehen. Nach dem Einsatz entdeckte der Beamte zunächst eine Verdickung im hinteren Bereich seines Steißbeins. Tage später fand er dort auch eine Zecke vor.

Das OVG befand, es sei gut möglich, dass sich der Kläger den Zeckenbiss beim Einsatz zugezogen habe. Für eine Anerkennung als Dienstunfall reiche das aber nicht aus: Der Kläger könne sich die Zecke auch vor oder nach dem Einsatz zugezogen haben. Damit sei der Zeckenbiss »nicht örtlich und zeitlich bestimmbar«, wie es für eine Anerkennung als Dienstunfall erforderlich sei. AFP/nd