nd-aktuell.de / 18.08.2017 / Politik / Seite 14

Kunst und Funktionalität des Tons treffen sich in Römhild

Am Samstag beginnt der jährliche Thüringer Keramikmarkt / Das Kunsthandwerk hat hier jahrhundertealte Tradition

Danuta Schmidt, Römhild

Vor der landschaftlichen Kulisse der Gleichberge liegt die um 1300 gegründete Südthüringer Kleinstadt Römhild. Ihr Stadtbild ist geprägt durch die imposante Stiftskirche und das Schloss Glücksburg. Jedes Jahr am 3. Augustwochenende findet hier der Thüringer Keramikmarkt statt.

Doch nicht nur der jährliche Keramikmarkt zeigt zeitgenössische Entwicklungen dieser traditionellen Kunsthandwerks- und Kunstform. Für Römhilds Bekanntheitsgrad sorgt die jahrhundertealte Geschichte und Kultur des Töpferhandwerks sowie ein regelmäßig stattfindendes Keramiksymposium, dessen künstlerische Ergebnisse im Schlossmuseum zu sehen sind.

Bereits zu keltischer Zeit wurde hier Ton verarbeitet. Der noch heute produzierende Töpferhof Gramann eröffnete 1720 eine Töpferei in Römhild. Später brachte der Bildhauer Karl Gramann auch die künstlerischen Potenziale des Tons mit ein. Nicht nur das Funktionale, auch das Schöne spielte in der Handwerkskunst eine Rolle. Zu DDR-Zeiten verstaatlicht, arbeiteten in der mittlerweile größten Handtöpferei Europas 60 Freihanddreher sowie etwa 60 Keramikmaler. Durch das freie Formen an der Drehscheibe und den individuellen Charakter des Bemalens entstanden nicht nur industrielle Serien, sondern auch künstlerisch gestaltete Unikate. Viele davon waren für den Export bestimmt.

1975 trafen sich auf dem Töpferhof - organisiert von Siegfried Gramann und einigen anderen Thüringer Keramik-Experten unter anderem aus Weimar - erstmals Keramiker aus aller Welt zum Internationalen Keramiksymposium in Römhild. »Das Töpferhandwerk hat in Thüringen eine sehr lange Tradition. Auch die Tatsache, dass hier viel für das Ausland produziert wurde, ließ den Gedanken eines Internationalen Symposiums mit Künstlern aus aller Welt damals reifen« resümiert Manuela Spittel vom Töpferhof.

Unter staatlich organisierter Aufsicht wurden dann alle drei Jahre solche Keramiksymposien organisiert, an denen insgesamt 160 Künstler aus über 29 Ländern teilnahmen. Durch die Wiedervereinigung fehlten Organisationsstruktur und die finanzielle Basis. 1993 fand das letzte Symposium statt.

Im April 2007 gründete sich der Förderverein des Internationalen Keramiksymposiums Römhild e.V., um gemeinsam mit der Stadt Römhild, dem Landkreis Hildburghausen und dem Land Thüringen, das Symposium nach 15 Jahren unter dem Titel »Phönix aus der Asche« 2008 wieder auferstehen zu lassen.

Die Ausstellung »Keramik International« präsentiert im 1988 eingerichteten Keramikgarten am Schloss und in den Ausstellungsräumen des Museums 173 Künstler aus 34 Ländern mit ihren Unikaten. Etwa 1000 Exponate belegen die Vielfalt der Formen, Glasuren, Brenntechniken und unterschiedlichen Handschriften der Künstler und markieren damit Römhild auf der Landkarte als einen wichtigen Standort für die internationale zeitgenössische Keramik.

2018 soll das XI. Internationale Keramiksymposium unter dem Motto »Keramik spricht viele Sprachen« stattfinden. Noch bis zum 30. September können sich Künstler bewerben. Der 9. Thüringer Keramikmarkt findet am 19.08. und 20.08.2017 von 10 bis 18 Uhr statt. Keramiker aus ganz Deutschland präsentieren traditionelle Gebrauchs- und Dekorationskeramik, Accessoires und Kleinkunst.

»Auf dem Töpfermarkt ist hochwertige Keramik zu bestaunen. Viele Keramiker haben in Römhild gelernt und kommen nun aus Halle, Berlin oder Mainleus zurück zu uns«, so Manuela Spittel vom Töpferhof. Dort finden derzeit die Gesellenprüfungen für vier Bundesländer statt. Die Gesellenstücke sowie eigene keramische Arbeiten können am Wochenende im Töpferhof besichtigt und erworben werden.