nd-aktuell.de / 19.08.2017 / Politik

Parlament in Venezuela entmachtet

Verfassungsgebende Versammlung übernimmt Gesetzgebungsvollmacht / Ex-Generalstaatsanwältin flieht nach Kolumbien

Berlin. Die politische Krise in Venezuela geht weiter: Die verfassungsgebende Versammlung hat das von der Opposition dominierte Parlament entmachtet. Eine Mehrheit der 545 Mitglieder stimmte für das entsprechende Dekret, wie die Zeitung »El Universal« berichtete. Demnach übernimmt die Versammlung die Gesetzgebungsvollmacht. Die Ende Juli gewählte Versammlung wird von Anhängern des sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro dominiert und soll nach seinen Worten zur Befriedung der Konfrontation im Land beitragen. Die Opposition und viele Staaten erkennen das Gremium aber nicht an.

Die Führung des Parlaments hatte es abgelehnt, die Verfassungsversammlung als weisungsbefugtes Gremium anzuerkennen. Sie bezeichnet die Versammlung als ein diktatorisches Instrument, mit dem Maduro seine Macht verewigen wolle, so formulierte es etwa Parlamentspräsident Julio Borges.

Luis Almagro, Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten, sprach von im Kurznachrichtendienst Twitter von einem »Staatsstreich«. Auch der südamerikanische Staatenbund Mercosur sowie Brasilien, Mexiko, Kanada, die USA und weitere Staaten kritisierten das Vorgehen als »Konsolidierung der Diktatur in Venezuela«. Eine vorübergehende Entmachtung des Parlaments durch das Oberste Gericht im März war Auslöser einer Protestwelle, bei der bislang über 120 Menschen ums Leben kamen.

Unterdessen ist die Maduro-Kritikerin und ehemalige Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Abgeordneten Germán Ferrer, nach Kolumbien geflohen, wie die Migrationsbehörde des Nachbarlandes mitteilte. Beide standen bis vor kurzem der Regierung nahe, änderten ihre Haltung aber im Zuge der Proteste. Jetzt wird gegen beide wegen Korruptionsvergehen ermittelt.

In Venezuela tobt seit Monaten ein erbitterter Machtkampf zwischen der Regierung und der Opposition. Zugleich steckt das erdölreiche südamerikanische Land in einer schweren Wirtschaftskrise. Viele Lebensmittel und andere Produkte des täglichen Bedarfs sind nur noch auf dem Schwarzmarkt erhältlich. Agenturen/nd