nd-aktuell.de / 23.08.2017 / Ratgeber / Seite 25

Eigentümerversammlung ohne Verwalter und Probeabstimmung

Leserfragen

Es antwortet Jörg Linde, Rechtsanwalt und WiE-Berater:

Es gibt keinen Grund, die Versammlung in diesem Fall abzubrechen. Fassen Sie einen Beschluss zur Geschäftsordnung der Eigentümerversammlung, dass der Beirat oder auch ein anderer Eigentümer die Versammlung fortführt. Ein solches Verhalten könnte eine Pflichtverletzung des Verwalters sein und Sie können eventuell Schadenersatzansprüche gegen ihn geltend machen. Das könnte der Fall sein, wenn Sie bestimmte Tagesordnungspunkte durch sein Fehlen nicht beschließen können, weil seine Kenntnisse fehlen. Denn dann wäre die Einberufung einer neuer Versammlung nötig, und die Kosten dafür muss dann der Verwalter tragen.

Probeabstimmung?

Nach unserer Teilungserklärung hängt die Stimmkraft von der Anzahl der Miteigentumsanteile ab. Um die Eigentümerversammlung zu beschleunigen, macht der Verwalter aber trotzdem immer erst eine Probeabstimmung und zählt dabei nur nach Köpfen ab. Nur wenn das Ergebnis nicht eindeutig ist, lässt er noch einmal namentlich abstimmen und wertet nach Miteigentumsanteilen. Was gilt denn eigentlich, wenn die Probeabstimmung zu einem anderen Ergebnis kommt als die endgültige Abstimmung? Gerhard S. Gera

Antwort gibt Rechtsanwalt Jörg Linde:

Meiner Ansicht nach findet die erste Abstimmung juristisch gesehen unter einer Bedingung statt, nämlich der, dass sie nur gilt, wenn das Ergebnis nicht knapp ausfällt und ansonsten nur eine Probeabstimmung sein soll. Außerdem wird ein Beschluss erst mit der Verkündung wirksam. Verkündet der Verwalter einen Beschluss nach der ersten Auszählung nach Köpfen, könnte dieser anfechtbar sein, sofern keine Mehrheit nach Miteigentumsanteilen vorliegt. Wird nach der ersten Probeabstimmung der Beschluss nicht verkündet, danach noch einmal abgestimmt, korrekt ausgezählt und dieses Ergebnis verkündet, kommt der Beschluss auch erst mit diesem »zweiten Durchgang« zustande.