nd-aktuell.de / 24.08.2017 / Politik / Seite 13

Das Schlusslicht an der Saale

Nirgends in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es so viele arme Kinder wie in Halle - und zugleich so wenig Angebote für sie

Halle. Nirgendwo in den drei ostdeutschen Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen liegt die Armutsgefährdungsquote bei Kindern so hoch wie in Halle an der Saale. Und zugleich ist nach einer Umfrage nirgends das kostenlose Freizeitangebot für die Jüngsten zugleich so schlecht wie dort. Das berichtet die MDR-Sendung »Exakt - So leben wir!«, die am Mittwoch ausgestrahlt wurde.

Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter allen Stadtverwaltungen und Landratsämtern der drei Länder, die im Auftrag der MDR-Sendung durchgeführt wurde.

Danach lebten 2015 in Halle mit seinen insgesamt gut 230 000 Einwohnern rund 11 570 Kinder - das sind 33,4 Prozent der Kinder in der Stadt - in Familien, die Hartz IV bezogen. Auf ein Kinder- und Jugendzentrum mit kostenlosen Freizeitangeboten kamen in Halle 723 Kinder aus solchen Verhältnissen. Im Durchschnitt der drei Länder mussten sich dagegen nur 206 Kinder eine derartige Einrichtung teilen.

Gleichfalls überdurchschnittlich viele armutsgefährdete Kinder registrierte die Statistik für Magdeburg, wo eine Quote von 29 Prozent gemessen wurde, in Gera mit 27 Prozent sowie Erfurt und Leipzig, wo etwa jedes vierte Kind von Armut betroffen war. In Sachsen-Anhalts Hauptstadt kamen rechnerisch 380 arme Kinder auf eine Einrichtung mit kostenfreien Angeboten, in Gera waren es 587 (Gera), in Erfurt 334 und in Leipzig 333 Kinder pro Einrichtung.

Unter den untersuchten Landkreisen kommt beispielsweise der Kreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt bei Kindern auf eine Armutsquote von 27 Prozent, dort entfallen 492 Kinder auf eine Einrichtung mit unentgeltlichem Freizeitangebot. Im Falle des Unstrut-Hainich-Kreises in Thüringen erreicht die Quote 19 Prozent und es müssen 632 Kinder mit einer kostenlosen Freizeiteinrichtung vorliebnehmen.

Für die Erhebung wurden laut Angaben des MDR die Städte und Landkreise in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zwischen Mai und Juni 2017 nach der Anzahl der Kinder- und Jugendzentren befragt, die regelmäßig möglichst fünf Tage die Woche kostenlos zur Verfügung stehen. Jugendhäuser auf dem Land, die nur sporadisch öffnen, wurden in die Auswertung nicht einbezogen.

Die empirische Grundlage für die Ermittlung des prozentualen Anteils bedürftiger Kinder bildete die regionale Kinderarmutsstudie der Bertelsmann Stiftung von 2016, über die schon vielfach berichtet wurde.

Allgemein ist dieses Problem im Osten Deutschlands offenbar weit stärker verbreitet als in den westlichen Bundesländern. Während im Osten die Quote bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren durchschnittlich bei 21,6 Prozent liegt, sind demnach in den Ländern der alten Bundesrepublik nur 13,2 Prozent der Jüngeren von Armut betroffen.

In Halle selbst konzentriert sich die Kinderarmut auf bestimmte Stadtteile. So leben nicht weniger als 70 Prozent der Kinder im Südpark, einem Viertel von des Stadtteils Halle-Neustadt, in Haushalten, die Sozialleistungen beziehen. dpa/nd