Autos, die keine sind: In Leichtkraftfahrzeugen ist man schutzlos

  Mancher hat sie schon auf der Straße gesehen. Fahrzeuge, die wie echte Autos aussehen, die Mopednummernschilder haben, auf deren Heck eine 45 klebt und die auch nur in diesem Tempo vor sich hin zuckeln. Doch der äußere Schein trügt: Das sind keine Autos, sondern eigentlich nur vierrädrige Mopeds mit Chassis. Um ein solches Gefährt steuern zu dürfen, braucht man nur den Führerschein der Klasse S, der lediglich ein erweiterter Mopedführerschein ist. Darüber berichtet das Berliner Pressebüro. 

  Crashtest mit vernichtendem Urteil
Diese so genannten Leichtkraftfahrzeuge wurden von den Unfallforschern des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft gemeinsam mit dem Allianz-Zentrum für Technik (AZT) in München verschiedenen Crashtests unterzogen. Das Fazit ist vernichtend: Die Scheinautos täuschen einen Schutz vor, den sie nicht bieten können. 

  Verzicht auf gesamte Sicherheitsausrüstung
Durch das gesetzlich vorgegebene Maximalgewicht von 350 Kilogramm muss auf sämtliche Sicherheitsausrüstungen verzichtet werden, die heute selbst in Kleinwagen Standard sind.
Ein Fahrerairbag ist nur für ein einziges Modell zu haben - gegen Aufpreis. Ein Golf, der immerhin rund 1,5 Tonnen auf die Waage bringt, schiebt sich bei einem Heckaufprall bis tief ins Innere des Leichtfahrzeuges. Kracht der Golf mit Tempo 50 in dessen Fahrertür, hat der Fahrer keine Chance, ohne schwerste Verletzungen davon zu kommen. Dem Golffahrer geschieht beim Crash kaum etwas. Noch verheerender sind die Folgen eines Zusammenpralls von Leichtmobil und Lkw.
»Es gibt aus Sicht der Verkehrssicherheit keinen einzigen Grund, solche Fahrzeuge überhaupt zuzulassen«, sagt Professor Dieter Anselm, Chef des AZT. »Dass sie dennoch fahren dürfen, liegt allein an der EU, die auf Druck der Hersteller eine europaweite Genehmigung erreicht hat.«
Glücklicherweise haben sich diese Leichtfahrzeuge in Deutschland noch nicht durchgesetzt - man schätzt, dass lediglich 1500 Exemplare verkauft wurden. Für junge Leute, die mit dem S-Führerschein diese Mobile ab 16 Jahren fahren dürfen, ist das Angebot uncool. Auch der Preis von mindestens 10 000 Euro schreckt ab. 

  Vom Kauf ist dringend abzuraten
Gekauft haben sich ein solches Fahrzeug eher ältere Menschen. »In Frankreich und Italien, wo die Leichtmobile hergestellt werden, fahren sie vor allem auf dem Lande«, sagt Siegfried Brockmann, Leiter der GDV-Unfallforschung. »Solange das vorgegebene Gewicht eine vernünftige Sicherheitsausstattung verhindert, ist vom Kauf eines Leichtkraftfahrzeuges unbedingt abzuraten«, so Brockmann. 

  Internationaler Experten-Workshop
Auch die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 45 km/h sehen die Unfallforscher kritisch. Damit werde das Fahrzeug zum Verkehrshindernis, welches andere Fahrer zu riskanten Brems- oder Überholmanövern verleite. Die Testergebnisse werden in diesem Jahr in einem internationalen Experten-Workshop diskutiert. Daraus sollen konkrete Forderungen an die EU-Gesetzgebung formuliert werden.

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