Zuschlag für Schrott-Reaktor

Vattenfall will AKW Brunsbüttel zwei Jahre länger laufen lassen

Der Energiekonzern Vattenfall will längere Laufzeiten für das Atomkraftwerk Brunsbüttel an der Unterelbe beantragen. Der Siedewasserreaktor solle zwei Jahre länger am Netz bleiben als im Atomkonsens zwischen Regierung und Stromunternehmen vereinbart, teilte das Unternehmen am Dienstag mit.

Das AKW Brunsbüttel müsste 2009 abgeschaltet werden. Der Betreiber Vattenfall hat jetzt aber beim Bundesumweltministerium die Übertragung von 15 Milliarden Kilowattstunden Strom aus dem AKW Mülheim-Kärlich auf Brunsbüttel beantragt. Dieses Atomkraftwerk war 1988 nach nur 13 Monaten Stromproduktion stillgelegt worden. In den Verhandlungen zum Atomkonsens setzten die Energiebosse für Mülheim-Kärlich ein zusätzliches Stromkontingent von 107 Milliarden Kilowattstunden durch - das rheinland-pfälzische Kraftwerk bzw. die ihm rechnerisch zugewiesenen Strommengen gehören allerdings RWE. Der Vorstandschef von Vattenfall Europe, Klaus Rauscher, begründete den Antrag in einer Erklärung mit dem Klimaschutz, da Atomkraftwerke keine Treibhausgase ausstießen. Als zusätzliches Argument nannte er die Versorgungssicherheit. Anträge auf Laufzeitverlängerungen hatten zuvor mit ähnlichen Begründungen bereits RWE für das AKW Biblis A und EnBW für Neckarwestheim 1 gestellt. In Wahrheit geht es den Konzernen vorrangig um den Profit. Sie verdienen an jedem Tag, den die steuerlich schon abgeschriebenen alten Meiler länger laufen, mehrere Millionen Euro. Den Antrag zu Biblis A hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) vergangene Woche abgelehnt. Scharfe Kritik zu dem Vattenfall-Vorstoß kommt von der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW. Es sei eine »neue Lüge der Energiekonzerne«, wenn diese die Atomenergie als für den Klimaschutz notwendige »Brücke« auf dem Weg ins Solarzeitalter bezeichneten, so IPPNW-Sprecher Henrik Paulitz. Die Behauptung, es gehe um eine schrittweise Ablösung der Atomkraftwerke durch erneuerbare Energien, widerlegten die Konzerne selbst, indem sie in den nächsten Jahren über 20 fossile Großkraftwerke bauen wollten. Bürgerinitiativen verlangten gestern erneut die sofortige Stilllegung von Brunsbüttel. Der Reaktor sei in vielen Anlagenteilen praktisch baugleich mit dem schwedischen AKW Forsmark 1, in dem es in den vergangenen Monaten mehrmals zu schweren Störfällen kam. Aber auch in Brunsbüttel gab es zahlreiche Pannen. Die offizielle Statistik weist mehr als 300 meldepflichtige Störfälle nach, darunter über 40 der sofort meldepflichtigen Kategorien A und B. Den größten Anteil daran machten Schäden an Notstromdieseln aus. Der schwerste Unfall ereignete sich im Juni 1978 - damals wurden mehrere Kubikmeter radioaktiver Dampf freigesetzt. Wegen der Reparatur von Rissen an den Rohrleitungen lag das Atomkraftwerk mehr als drei Jahre still. Anfang 2002 führte vermutlich eine Wasserstoffexplosion zum Abriss einer Kühlwasserleitung im Sicherheitsbehälter des Reaktors. Die abgerissene Rohrleitung wurde nur zufällig bei einer Inspektion entdeckt, der Reaktor daraufhin für mehrere Monate erneut vom Netz genommen. Die Betreiber hatte...

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