SPD schreibt unendliche Geschichte fort

Hamburg: Wer fordert CDU-Bürgermeister Ole von Beust heraus?

  • Volker Stahl, Hamburg
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Die Krise der Hamburger SPD dauert an. Erst sollte der Arzt Mathias Petersen CDU-Bürgermeister Ole von Beust bei der Bürgerschaftswahl 2008 herausfordern. Dann warf Dorothee Stapelfeldt ihren Hut in den Ring. Zuletzt wurde Alt-Bürgermeister Henning Voscherau als Hoffnungsträger gehandelt. Wer nach dessen Absage auf den Schild gehoben wird, ist völlig offen.

Noch Montagnachmittag schien alles klar zu sein. Die Sozialdemokraten waren sicher, dass der bei den Hamburgern beliebte Spross einer Schauspielerfamilie den SPD-Karren aus dem Dreck ziehen würde. Zwar hatte Henning Voscherau im Mai 2006 »unter dem Druck der Partei« auf eine Kandidatur verzichtet und den Abschied aus der aktiven Politik verkündet, doch nach dem Rücktritt des Landesvorstandes infolge des »Stimmzettel-Debakels« galt der elder statesman als letzte Hoffnung. »Wenn Voscherau absagt, weiß ich auch nicht weiter«, erklärte der gescheiterte Kandidat und geschasste Landesvorsitzende Petersen verzweifelt. Geschmeichelt registrierte Voscherau das neu entflammte Interesse an seiner Person und erbat Bedenkzeit. Tagelang ließ der 65-Jährige, der sich selbst als »Joker« ins Spiel gebracht hatte, die Genossen zappeln. Als alle fest damit rechneten, dass er den seit 2001 regierenden Christdemokraten herausfordern würde, ließ er Montagabend einen Brief verlesen, der mit den Worten »vorbei ist vorbei« begann. Begründung: »Meine Familie ist entsetzt über die Abläufe der vergangenen Wochen. Sie befürchtet, dass ich als nächster verheizt werde.« Der wahre Grund dürfte ein anderer sein: verletzte Eitelkeit. »Wie soll ich denen, die mich 2006 monatelang öffentlich bekämpft haben, jetzt glauben,« so Voscherau, »dass ihre plötzliche Unterstützung von Dauer sein wird.« Jetzt ist die Not groß in der SPD. Die heftigste Nachkriegskrise verschärft sich auch, weil der Partei langsam das Personal ausgeht. Die Sozialdemokraten müssen nicht nur einen Bürgermeister-Kandidaten finden, sondern auch einen neuen Landesvorstand bilden. »Jetzt müssen Scholz oder Neumann ran«, titelte »Bild« gestern. Was als neu verkauft wurde, ist ein alter Hut, den sich die Mehrheit der Hamburger SPD nicht aufsetzten möchte. Der ehrgeizige Fraktionschef Michael Neumann ist in der Partei nicht übermäßig beliebt, in der Hansestadt nahezu unbekannt und gilt als wenig charismatisch. Auch Olaf Scholz dürfte kaum Chancen gegen den smarten Sonnenkönig Ole von Beust haben. Vielen ist noch der ebenso kurze wie unglückliche Auftritt von Scholz als Innensenator vor dem Ende des rot-grünen Senats 2001 in Erinnerung, wo er sich als Kriminalitätsbekämpfer zu profilieren versuchte und Brechmittel für Drogen-Dealer einführte. Geholfen hat das nicht, die Bürger wählten damals lieber das Original - den aufstrebenden Rechtspopulisten Ronald Schill. Obwohl zurzeit kein geeigneter Kandidat in Sicht ist, will die SPD auf dem Landesparteitag am 24. März »mit vereinten Kräften eine Lösung präsentieren«. Während Christian Maaß vom potenziellen Koalitionspartner GAL dazu lakonisch »viel Erfolg« wünscht, warnt CDU-Landeschef Dirk Fischer seine Partei davor, in die »Optimismusfalle« zu tappen. Mit Recht, glaubt man jüngsten Umfragen. Trotz Chaos und Grabenkämpfen hat die SPD immer noch gute Chancen auf den Regierungswechsel 2008. Anfang März taxierte das Psephos-Institut die CDU auf 45, die SPD auf 31 und die GAL auf 1...

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