nd-aktuell.de / 30.08.2017 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 5

Woher der Strom kommt

Energiepolitik von Atomkraft bis zum Braunkohleausstieg

Helmut Lorscheid

Der Wechsel von einer Stromversorgung mit Atomkraft und Kohle hin zu Solar- und Windkraft beinhaltet auch einen Wechsel in der gesamten Struktur der Energieversorgung. Sie wird kleinteiliger, bürgernah und demokratischer. Der Ausbau erneuerbarer Energie beruht auf dem persönlichen Engagement sehr vieler Menschen - die sich häufig in Genossenschaften organisiert haben. Die derzeitige Ausgestaltung der Gesetze und Verordnungen im Bereich der erneuerbaren Energien bevorteilt weiterhin die großen Energiekonzerne und behindert die kleinen Genossenschaften sowie engagierten Einzelpersonen. Grüne und LINKE wollen die von CDU/CSU und SPD errichteten bürokratischen Hürden wieder abbauen und die Bürgerenergie fördern.

Viele im Bereich erneuerbare Energie aktive Bürger sind sauer auf die vermeintliche »Klima-Kanzlerin«. Sie wollen einen schnellen Wechsel hin zu den Erneuerbaren und sehen sich darin von der Bundesregierung ausgebremst. Versprechungen auf internationalen Konferenzen und der Regierungsalltag passen bei CDU/CSU und SPD nicht zusammen.

So bezeichnet die Union die Begrenzung der Erderwärmung zwar als eine »entscheidende Herausforderung für die Menschheit, lobt aber in ihrem Wahlprogramm den sogenannten Ausbaupfad des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (Paragraf 4, EEG 2017), ohne zu verraten, dass bei dessen Befolgung der Umstieg auf erneuerbare Energien noch weit mehr als 100 Jahre dauern würde«, so die Analyse von Wolfgang von Fabeck, Vorsitzender des Solarfördervereins Deutschland. Gemeinsam mit rund 20 weiteren Organisationen wie dem Bündnis-Bürgerenergie, der Vereinigung zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien in Sachsen und der »Freunde von Prokon«, hat der Solarförderverein Wahlprüfsteine an die Parteien versandt und die Antworten ausgewertet. Dabei wird klar - die AfD setzt weiter auf Atomkraft: »Die bestehenden Kernkraftwerke wollen wir deshalb nicht vor Ende ihrer Nutzungsdauer außer Betrieb nehmen.« Das EEG will die AfD ersatzlos streichen.

Auf die Frage, bis wann sie den Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare realisieren wollen, nennt die CDU keine Jahreszahl, die Grünen wollen dieses Ziel bis zum Jahr 2030 erreichen, die LINKE , ÖDP, Piraten und Freie Wähler bis 2040. Die SPD hat sich auf einen Zielwert von 80 bis 95 Prozent im Jahr 2050 festgelegt und die FDP sieht einen »kompletten Ersatz fossiler Energieträger auf absehbare Zeit« gar nicht. Für die Liberalen besteht auch kein Anlass mehr, den Ausbau der erneuerbaren Energien weiter zu fördern.

Auf die Frage, ob die Urananreicherungsanlage in Gronau weiter betrieben werden sollte, reagieren Grüne, LINKE, ÖDP, Piraten und Freie Wähler mit einem klaren »Nein«. Sie wollen diese Grundlage der Atomwirtschaft schließen. CDU und FDP wollen sie weiter betreiben. Schließlich - so auch die Sozialdemokraten - habe sie eine unbefristete Betriebsgenehmigung und schaffe zirka 300, zumeist hochqualifizierte Arbeitsplätze.

Bei der SPD stellt sich überhaupt die Frage, was von den Bekenntnissen zum Klimaschutz und damit zur Energiegewinnung aus regenerativen Quellen zu halten ist. In NRW und Brandenburg hätte sie gemeinsam mit ihren jeweiligen Koalitionspartnern - Grüne in NRW und LINKE in Brandenburg - die Möglichkeit und über mehrere Wahlperioden Zeit gehabt, aus der Braunkohle auszusteigen.

Während die SPD sich nicht genau festlegt, wann und ob sie aus der Braunkohle aussteigen will, wirbt die LINKE im Bundestagswahlkampf für ein »Raus aus der Kohle«. Wobei die Übergänge gerecht gestaltet werden sollen. Die Grünen - bis vor ein paar Monaten in NRW in Regierungs- und damit in Braunkohle-Verantwortung - fordern in ihrem Bundestagswahlprogramm: »Der Kohleausstieg soll, nach Ansicht der Grünen, gesetzlich geregelt und innerhalb der nächsten 20 Jahre beendet sein.« Sie fordern ein bundesweites Klimaschutzgesetz zur sofortigen Umsetzung der Pariser Klimaschutzziele. Sie wollen »die Wirtschaft ökologisch modernisieren und dafür den Weg zur emissionsarmen Wirtschaft für die unterschiedlichen Emissionssektoren beschreiben«.

Die LINKEN halten ebenfalls am Pariser Klimaabkommen fest. Bis 2020 soll der Ausstoß von Treibhausgasen um 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 verringert werden. Für die Energiewende ist nach Ansicht der LINKEN nur ein geringer Netzausbau erforderlich. Strom- und Wärmenetze gehörten in die Hand des Staates. »Die Energiewende wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie sozial gerecht und durch die Bürgerinnen und Bürger selbst gestaltet ist,« heißt es im LINKE-Wahlprogramm.