nd-aktuell.de / 01.09.2017 / Politik

Zwei weitere Deutsche in der Türkei festgenommen

Aktuell zwölf Deutsche aus politischen Gründen inhaftiert / Journalist Denis Yücel wird seit 200 Tagen von den Behörden festgehalten

Berlin. Zwei weitere Bundesbürger sind in der Türkei festgenommen worden - wohl aufgrund politischer Vorwürfe. Das teilte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts am Freitag in Berlin mit. Die Festnahme habe bereits am Donnerstag stattgefunden.

Nähere Angaben zu Geschlecht und Beruf der Betroffenen machte die Sprecherin nicht. Bestätigt sei allerdings, dass die beiden ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Die Festnahme habe gestern stattgefunden. Bislang gab es noch keinen direkten Kontakt zu den Festgenommenen.

Die Festnahme der beiden wurde von der Flughafenpolizei in Antalya bestätigt. Ob sie direkt bei der Ein- oder Ausreise festgenommen wurden, war zunächst unklar. Das Generalkonsulat in Izmir habe den Angaben zufolge von nichtstaatlichen Stellen von der Festnahme erfahren. Wie bereits in anderen Fällen, etwa des »Welt«-Korrespondenten Deniz Yücel, hätten die türkischen Behörden selbst die deutschen Stellen nicht informiert.

Die Auslandsvertretungen bemühten sich nun um Informationen und darum, einen Kontakt zu den beiden Festgenommenen herzustellen und konsularische Betreuung so schnell wie möglich sicherzustellen, sagte die Sprecherin. Der Bitte um einen telefonischen Kontakt von deutscher Seite wurde zunächst nicht stattgegeben.

Yücel bereits seit 200 Tage in türkischer Haft

Die Sprecherin der Auswärtigen Amtes und Regierungssprecher Steffen Seibert verwiesen darauf, dass der Journalist Deniz Yücel bereits 200 Tage in der Türkei in Haft sei. Die gesamte Bundesregierung sei nicht nur in diesen Tagen in Gedanken bei ihm. Yücel sitzt seit Februar wegen Terrorvorwürfen in Untersuchungshaft, zudem wird ihm Volksverhetzung vorgeworfen. Die »Welt« schreibt zum 200. Tag der Inhaftierung ihres Korrespondenten: »Ohne freien, auch unbequemen Journalismus kann es keine freie Gesellschaft geben und auch keinen Fortschritt.«

Derzeit sitzen laut Reporter ohne Grenzen 42 Journalistinnen und Journalisten in der Türkei im Gefängnis. Neben Yücel sind auch die Journalistin Mesale Tolu[1] und der Menschenrechtsaktivist Peter Steudtner wegen Terrorvorwürfen inhaftiert. Mittlerweile werden - mit den zwei neuen Fällen - inzwischen zwölf Deutsche aus politischen Gründen in türkischen Gefängnissen festgehalten.

Am 10. September findet anlässlich des Geburtstags von Deniz Yücel ein Auto- und Fahrradkorso[2] in Berlin statt, um für die Freilassung der inhaftierten Journalisten zu demonstrieren. »Deniz sitzt seit einem halben Jahr in Isolationshaft. Die völlige Willkür durch den türkischen Staat, der Deniz ausgeliefert ist, lässt sich auch daran ablesen, dass selbst nach über einem halben Jahr immer noch keine Anklageschrift gegen ihn vorgelegt wurde«, heißt im Aufruf zum Geburtstagskorso.

Bei der Kundgebung vor dem Kanzleramt sollen unter anderem Hüseyin Tolu, der Bruder von Meşale Tolu, Ilkay Yücel, die Schwester von Deniz Yücel und der Schriftsteller Doğan Akhanli[3] sprechen. Akhanli war bei einem Urlaub in Spanien auf Ersuch der Türkei vorübergehend festgenommen worden. Agenturen/nd

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1060500.mesale-tolu-journalismus-ist-kein-verbrechen.html
  2. https://www.reporter-ohne-grenzen.de/presse/termine/termin/korso-zum-kanzleramt/
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1061711.sanfter-menschenfreund.html