nd-aktuell.de / 03.09.2017 / Politik

Mini-Skandal um Hausbesetzer-Plakat bei den Grünen

Bundespartei distanziert sich von historischem Slogan auf aktuellem Plakat / Grüne in Friedrichshain-Kreuzberg halten dagegen

Moritz Wichmann

Keine Einigkeit im Umgang mit einem Hausbesetzer-Slogan und möglichen Enteignungen von Hauseigentümern haben die Grünen am Samstag auf Twitter gezeigt. In Klarstellungen und Stellungnahmen demonstrierten die Bundespartei und die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg unterschiedliche Vorstellungen zur Wohnungspolitik.

Ausgelöst hatte die Twitter-Posse der ZDF-Journalist Florian Neuhann. Der Korrespondent im Hauptstadtstudio hatte ein Plakat der Grünen aus Berlin getwittert. Auf dem ist der Hausbesetzer-Slogan «Die Häuser denen, die drin wohnen» zu lesen. Was denn der Slogan bedeute und ob «Vermieter enteignet werden, wenn Sie an die Macht kommen?» fragte der Journalist die Partei und Spitzenkandidat Cem Özdemir. Außerdem wollte Neujohann wissen, unter welchen Voraussetzungen Enteignungen für die Partei angemessen seien und ob das «Beschlußlage» der Partei sei.

Von soviel kritischen Nachfragen zeigt sich die – angesichts zuletzt sinkenden Umfragewerten offenbar nervöse Bundespartei – sichtlich beeindruckt und antwortete mit einer «Klarstellung». Das Plakat sei «kein Teil der Bundeskampagne und hänge auch nur lokal». Außerdem sei der Spruch «missverständlich».

Die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg wiederum antworteten mit einer eigenen Stellungnahme[1]. Das Plakat sei «nicht missverständlich, sondern konsequent» und fasse die Politik der Grünen gut zusammen, man «stehe» zum Inhalt des Plakates. Der Kreisverband habe in das Wahlprogramm der Grünen wichtige Forderungen für eine «gemeinwohlorientierte Wohnungspolitik und auch einer »wirksamen Mietpreisbremse« eingebracht.

Auf Twitter gab es dafür Spott und Kritik. Offenbar wolle die Bundespartei nichts mit dem Kreisverband aus dem Wahlkreis 83 zu tun haben. ZDF-Journalist Neujohann selber kommentierte die von ihm ausgelösten Stellungnahmen süffisant als »Posse«.

Anders als die Bundespartei, die in einem deutlich weniger linken Klima Politik macht, liefert sich die Grünen-Kandidatin Canan Bayram im traditionell linken Wahlkreis 83 in Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost[2] ein Kopf-an-Kopf Rennen mit Linkspartei und SPD. Vier mal holte hier Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele das Direktmandat. Damit das so bleibt setzt auch Bayram auf ein klar linkes Profil, etwa durch Solidaritätsbekundungen mit dem linken Nachrichtenportal Indymedia[3].

Und auch die Berliner Sprecherin der Partei für Wohnen, Karin Schmidberger, antworte Neujohann Enteignungen seien etwa bei einem Verstoß gegen das Zweckentfremdungsverbot von Wohnungen als »Ultima Ratio« durchaus denkbar. Dazu sei es dazu in Hamburg und München schon gekommen. Auch die Berliner Grünen versuchen in der Mietenpolitik dem von ihnen plakatierten Slogan gerecht zu werden. Auf ihre Initiative hin hat das Bundesland Berlin am Freitag eine Bundesratsinitiative[4] zur Verschärfung der Mietpreisbremse angekündigt.

Links:

  1. https://gruene-xhain.de/die-haeuser-denen-die-drin-wohnen/
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1061549.dreikampf-im-szenekiez.html?sstr=Canan|Bayram
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1062011.de-maizieres-erdogan-style.html?sstr=indymedia
  4. https://m.morgenpost.de/berlin/article211785883/Berliner-Senat-will-die-Mietpreisbremse-verschaerfen.html