nd-aktuell.de / 07.09.2017 / Kommentare / Seite 4

Ausnahmsweise mit Hebamme

Der Beschluss der Schiedsstelle zu den neuen Arbeitsbedingungen für Hebammen stellt nur oberflächlich eine Verbesserung dar.

Ulrike Henning

Der Beschluss der Schiedsstelle zu den neuen Arbeits- und Abrechnungsbedingungen für Hebammen stellt nur oberflächlich betrachtet eine Verbesserung dar. Die Krankenkassen verweisen auf neu abrechenbare Leistungen in Beratung und Geburtsvorbereitung. Sie sehen eine persönlichere Betreuung der Mütter erreicht, weil nun jede Hebamme maximal zwei Schwangere betreuen und abrechnen kann. Diese Begrenzung gilt aber unabhängig davon, wie die jeweilige Klinik gerade personell besetzt ist. Was heißt das in der Praxis? Zwei glückliche Mütter teilen sich eine Hebamme, bei den vier anderen im Kreißsaal schaut nur noch gelegentlich ein Arzt vorbei?

Der Deutsche Hebammenverband fordert seit Jahren eine Eins-zu-Eins-Betreuung während der Geburt, musste aber auch mit ansehen, wie sich immer mehr freiberufliche Kolleginnen aus der Geburtshilfe zurückzogen. Einen neuen Anreiz für den Beruf schafft der aktuelle Schiedsspruch nicht. Die vorgesehene 17-prozentige Erhöhung der Vergütung ist ein Klacks, weil sie von einem niedrigen Niveau ausgeht. Erst ab Juli 2020 sind diese Honorare wieder verhandelbar. Soll werdenden Müttern nun tatsächlich die Entbindung in Großbritannien oder Norwegen empfohlen werden? Dort betreut eine Hebamme im Jahr (pro Vollzeitstelle) nicht mal ein Drittel der 100 Geburten, für die ihre Kollegin in Deutschland gerade stehen muss.