nd-aktuell.de / 20.09.2017 / Kultur / Seite 13

Kühle Ordnung

Petra Kasten in Freital

Gert Claußnitzer

Für die Dresdner Künstlerin Petra Kasten (geb. 1955) ist das Bild ein artistisches Gebilde reiner Anschauung. Es geht ihr nicht um die Realität des Lebens, sondern um die Realität der Kunst. Da ist Alogisches darin, zugleich sind geheimnisvolle Symbole dazwischen und verwoben. Ihre derzeitige Ausstellung im Einnehmerhaus in Freital offenbart uns eine Malerin, deren Werke so ganz anders sind als das, was man gewöhnlich an diesem Ort zu sehen bekommt. Es herrscht ja allgemein die Meinung, dass ein ergiebiger künstlerischer Eindruck lediglich aus dem direkten Kontakt des Geistes mit der Realität entstehen kann, da die Kunst, so die Meinung, nicht mit abstrakten Formen allein, wie die Philosophie, zu schaffen ist.

Um die Auffassung des Raums und der Form mit der Realität in Einklang zu bringen, müsste sie mit den allgemeinen Elementen, der Figur, dem Gegenstand oder Raum vertreten sein. Es heißt aber auch, alles in der Welt enthalte Elemente des Menschen. Und die Welt aller Dinge habe Linien, eine feine und harte Modellierung, eine Lyrik und Dramatik.

Das ikonografische Inventar der Zeichnungen und Malereien von Petra Kasten lebt natürlich vom schöpferischen Potenzial der Linie. Und da geht es ihr offensichtlich nicht darum, irgendeinem Stil zu huldigen, ihn womöglich auszuformen und zu verwalten. Sie möchte, getrieben von Ruhelosigkeit und Arbeitswut, wie man annehmen könnte, das Unverfügbare und das noch Unentdeckte gestalten, ihm bildnerischen Ausdruck verleihen.

Dabei ist ihr die Handzeichnung, wie die Ausstellung zeigt, ein unverzichtbares Experimentierfeld, ein investigatives Medium. Die Handzeichnung mithin wird zum Experimentierfeld: das Bestreben, Rhythmus und Bewegung in Zeichnung zu bringen und eine überraschende Balance von Formen und Räumen herzustellen. Und da ist es womöglich die Erkenntnis der Zeichnerin, dass sich alles die Zeichnung selbst schafft, die Verbindung der einzelnen Dinge untereinander, das Herstellen von Bezügen.

Bei Petra Kasten sollte man wohl die Natur als den verborgenen Motor ihres »Dynamismus« betrachten. Da kommt sie zuweilen zu Resultaten, die geradezu zum Futurismus führen. Man könnte bei ihr auch an Willi Baumeister denken, diesen Giganten der abstrakten Kunst in Deutschland, der den absoluten Wert des Abstrakten erkannt hatte, angeregt von Naturvorbildern. In Ihren Tapetenimitationen mit Blumen gelingen Petra Kasten dann Formfindungen in völliger Freiheit. Doch ganz allgemein ließe sich sagen, dass sie in einer abstrakt-geometrischen Tradition steht, vielleicht im Sinne El Lissitzkys oder auch Mondrians mit ihren Liniensystemen und Flächenmustern in strenger kühler Ordnung.

»Petra Kasten. Weltmodell«, bis zum 1. Oktober im Einnehmerhaus, Dresdner Straße 2, Freital