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Stanislaw Petrow 17. 9. 1937 – 19. 5. 2017

Stanislaw Jewgrafowitsch Petrow war ein bescheidener Mensch, der in nur fünf Minuten Millionen Menschen vor dem Tod und die Erde vor einer neuen Eiszeit bewahrte. Das war am 26. September 1983. Der 44-jährige Oberstleutnant der Sowjetarmee war Schichtleiter in der Kommandozentrale des sowjetischen Raketenfrühwarnsystems nahe Moskau. Um 0.15 Uhr gab es Alarm. Aufklärungssatelliten meldeten den Start einer US-Atomrakete. Vier weitere folgten. Petrow musste entscheiden. Laut Befehl hätte er unverzüglich seine Vorgesetzten informieren müssen - diese den Generalstab, der wiederum den ersten Mann von Partei und Staat, Juri Andropow. Der hätte getreu dem Wahnsinn des Kalten Krieges einen Gegenschlag befohlen. Niemand hätte den Dritte Weltkrieg aufhalten können.

Doch: Oberstleutnant Petrow stellte sich über die Befehle. Er blieb cool, überlegte: Niemand beginnt einen Erstschlag mit fünf Raketen ... Der Oberstleutnant meldete den Vorfall nicht. Nach 13 bangen Minuten bestätigte die Technik selbst ihren Irrtum. 1984 verließ Petrow die Armee. Sein lebensrettendes Nichtstun wurde erst bekannt, als ein Raketengeneral seine Memoiren schrieb. Man ehrte den Helden weltweit - um ihn dann so zu vergessen, dass man nun erst Monate später seinen Tod bemerkte. hei

Kate Millett 14. 9. 1934 – 6. 9. 2017

Ihre Bücher stehen in vielen Regalen, vielleicht sind sie im Laufe der Zeit nach hinten gerutscht, aber dennoch nicht entsorgt. »Sexus und Herrschaft«, ein Klassiker feministischer Patriarchatskritik, brachte für Kate Millett 1970 den Durchbruch und legte in der Frauen- und Lesbenbewegung den Grundstein für das Konzept Sex und Gender. Zwei Jahre zuvor war die Literaturwissenschaftlerin vom Barnard College geflogen, weil sie sich für Studierende eingesetzt hatte, die gegen den Vietnam-Krieg protestiert hatten. Was ihre Bücher ausmacht? Es ist die Mischung aus Empathie und Analyse. In »Entmenschlicht« schreibt Millett über die Folter: »Wenn wir uns die Folter nicht vorstellen können, können wir ihr auch niemals Einhalt gebieten.« In »Im Basement« analysiert die Schriftstellerin beinahe unerträglich genau die Geschichte der 16-jährigen Silvia Likens, die von ihrer Mutter zu Tode gefoltert worden war.
Lange Jahre mit dem japanischen Bildhauer Fumio Yoshimura verheiratet, war die Farmerin und Feministin erst kurz vor ihrem Tod wieder eine Ehe eingegangen, diesmal mit der Fotografin Sophie Keir. had

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