Spezifisch deutsches Kulturgut

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Es geht in diesem, unserem Lande - wieder einmal, muss an dieser Stelle betont werden - um die Wurst, genauer gesagt: um die Bockwurst. Dieses aus 55 Prozent Wasser, 26 Prozent Fett und 15 Prozent Eiweiß bestehende, in einen engen Schweinsdarm gepresste Brät aus Schweinefleisch, das aus Gründen der Bissfestigkeit auch Spuren von Rindfleisch enthalten kann, gehört (Achtung, Frau Özoğuz, aufgepasst!) zur spezifischen deutschen Kultur.

Nun steht die Bockwurst vornehmlich auf dem Speiseplan proletarischer und kleinbürgerlicher Kreise, aber auch die Bourgeoisie kann durchaus Gefallen an ihr finden, wenn sich damit die Fraternisierung mit niederen Ständen heucheln lässt. Dem Vorstandsvorsitzenden des Axel-Springer-Verlages Mathias Döpfner etwa ist die Bockwurst ein wichtiges deutsches Kulturgut. In seiner Funktion als Präsident des «Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger» («BDZV») hat er dieser Tage eine patriotische Rede für die Bockwurst gehalten; gerade so, als ob er der Aussage der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Aydan Özoğuz, widersprechen wollte, es gebe keine spezifische deutsche Kultur. Döpfner behauptete, dass Muslime durchgesetzt hätten, dass es in einem Freibad im nordrhein-westfälischen Neuss nur noch Hühnchen gebe. «Halal sind längst nicht mehr nur türkische oder arabische Restaurants», empörte sich Döpfner, der vermutlich ein öffentliches Freibad und Imbissbudenbetreiber nur vom Hörensagen kennt. Dies sei «das Ende der Vielfalt und »der Beginn der Unterwerfung«.

Doch wir können an dieser Stelle Entwarnung geben - das Verschwinden der Bockwurst in Neuss hat keinen religiösen, sondern einen profanen merkantilen Grund. Laut bildblog.de nahm die Wirtin des Imbiss-Standes die Wurst aus dem Sortiment, weil sich niemand mehr für diese interessierte. Früher seien bis zu 3000 Menschen täglich ins Freibad gekommen, heute maximal nur noch 300 - ein Viertel davon Muslime.

Das ist besorgniserregend, bedeutet es doch, dass auch die 225 Nichtmuslime die Bockwurst verschmähen und eine Imbissbudenbetreiberin dieses deutsche Kulturgut dem schnöden Mammon opfert. Das Abendland ist nicht mehr zu retten! jam Foto: iStock/Fleckus

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