Traurige Heuchelei

  • Michaela von der Heydt
  • Lesedauer: 2 Min.
Über Aids lässt sich in den reichen Nationen gut reden, lassen sich schicke Gala-Veranstaltungen organisieren, die rote Schleife als Solidaritätszeichen kostet nicht viel. Zwar infizieren sich auch in Deutschland immer mehr junge Menschen mit dem Virus. Dennoch nehmen sich öffentliche Präventionskampagnen kläglich aus. Und werden Aids-Hilfen Gelder gekürzt -auch jener in Bremen, wo gerade Vertreter aus 40 Ländern über horrend steigende Neuinfektionen in Osteuropa diskutieren. Harmlose Worte mit erhobenem Zeigefinger gibt es dort wohl wieder reichlich: Regierungsstellen sollen mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammenarbeiten. Wenig Chance auf Erfolg dürften diese Appelle haben, wo gerade in Russland letztere über rechtliche Einschränkungen klagen. Zudem leben dort die HIV-Positiven meist an der Armutsgrenze. Schlimmer: Der Zugang zu sterilem Spritzbesteck und Kondomen für Prostituierte und Gefängnisinsassen ist in vielen osteuropäischen Ländern sogar verboten - ebenso wie Beratungen. Wenn die EU-Gesundheitsminister für Betroffene das Leid reduzieren wollen, gilt als erstes die zig mal eingeforderte Beschränkung der Pharma-Lobby. Der Patentschutz müsste aufgehoben werden, damit Generika zu erschwinglicheren Preisen auf den Markt kommen. Und die westlichen Länder haben allen Grund, sich hier auch finanziell viel stärker zu engagieren und vor allem vor der eigenen Haustüre zu kehren - sprich: auch hierzulande mehr in Aufklärung zu investieren. Denn Aids kennt keine Grenzen. Schnell kann die Kurve der neuen HIV-Fälle auch hier rasant ansteigen. Dann blieben alle Worte traurige Heuchelei.
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