17,6 Prozent für Wahlsieger Müller

Wiesbadener Rathaus bleibt in CDU-Hand

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.
Bei der Oberbürgermeisterwahl in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden am Sonntag errang der CDU-Kandidat und bisherige Stadtkämmerer Helmut Müller auf Anhieb 65,6 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen. Die Kandidatin der Grünen und Kulturdezernentin Rita Thies landete mit 25,8 Prozent auf Rang 2. Dritter wurde der Kandidat der Linken Liste und parteilose Schauspieler Peter Silbereisen, der auf 5,0 Prozent kam.
Die Wahl hatte schon im Januar bundesweit Aufsehen erregt, nachdem die SPD versäumt hatte, ihren Bewerber Ernst-Ewald Roth fristgerecht beim Wahlleiter anzumelden. So fand die Wahl erstmals seit dem 2. Weltkrieg ohne einen SPD-Bewerber statt. Der Wiesbadener SPD-Unterbezirk wurde dadurch in eine tiefe Krise gestürzt und sucht nach dem Rücktritt seines Vorstands immer noch nach einer neuen Führung.

Keine Wahlempfehlung von der Pleite-SPD
Zu einer Wahlempfehlung für die OB-Wahl konnten sich die Sozialdemokraten indes nicht durchringen, zumal die Grüne Thies für die im Rathaus tonangebende »Jamaika«-Koalition aus CDU, FDP und Grünen steht. Obwohl sich in letzter Zeit zwischen SPD und Linker Liste als Opposition im Rathaus viele Übereinstimmungen ergeben hatten, stimmten loyale Sozialdemokraten am Sonntag bewusst ungültig oder blieben gleich zu Hause.
Die Tatsache, dass sich angesichts einer Wahlbeteiligung von nur 26,9 Prozent Wahlsieger Müller real nur auf die Zustimmung von 17,6 Prozent der Wiesbadener stützen kann, relativiert den Sieg des Christdemokraten, der im Juli die Nachfolge seines Parteifreunds Hildebrand Diehl antritt.
Die Wiesbadener OB-Wahl war der letzte wichtige Urnengang im Land vor der hessischen Landtagswahl Anfang 2008, bei der die CDU-Alleinregierung unter Ministerpräsident Roland Koch ihre absolute Landtagsmehrheit verteidigen möchte. Hessens Linke will nach der Vereinigung von Linkspartei und WASG ab Sommer alle Kräfte darauf konzentrieren, in den Wiesbadener Landtag und damit erstmals in ein Landesparlament eines westdeutschen Flächenstaates einzuziehen. In Frankfurt (Main) hatte der Kandidat des Linksbündnisses, Ulrich Wilken, im Januar bei der OB-Wahl 5,9 Prozent der Stimmen errungen.

Gewerkschafter warnen Sozialdemokraten
Die hessische SPD hatte in einer polarisierenden Kampfabstimmung Ende 2006 mit Andrea Ypsilanti die linkere unter zwei Bewerbern als Spitzenkandidatin für die Landtagswahl nominiert. Ob sie allerdings Roland Koch aus der Staatskanzlei verdrängen wird, bezweifeln auch linke Sozialdemokraten. So kritisierte der Wiesbadener IG BAU-Geschäftsführer Veit Wilhelmy den jüngsten Bundestagsbeschluss zur »Rente 67« als »zweiten großen sozialpolitischen Super-GAU nach Hartz IV«. Dass auch hessische SPD-Politiker wie die Wiesbadener Bundestagsabgeordnete und Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul diese Politik mit betrieben, werde die Partei bei der Landtagswahl mit Sicherheit Wählerstimmen kosten, warnte Wilhelmy.
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