nd-aktuell.de / 29.09.2017 / Sport / Seite 18

Alba Berlin ist nur noch Durchgangsstation

Der ehemalige Serienmeister startet erneut mit einem runderneuerten Team in die Basketball-Bundesliga

Oliver Kern

Das Sprichwort »Neues Spiel, neues Glück!«, wird in der Basketball-Bundesliga alljährlich in »neue Spieler, neues Glück« umgewandelt. Ein regulärer Kader umfasst meist zwölf Sportler pro Verein, doch fast immer wird mindestens die Hälfte davon im Sommer neu zusammengewürfelt, in der Hoffnung, endlich die richtige Mischung gefunden zu haben. Nur die besten Mannschaften der BBL können ihr Team mal über mehrere Jahre zusammenhalten, bei den anderen geben sich oft junge US-Amerikaner gegenseitig die Klinke in die Hand.

Alba Berlin gehörte einst zu jenen Klubs ganz oben. Henrik Rödl, Saša Obradović, Wendell Alexis und Marko Pešić spielten jahrelang gemeinsam und sammelten Titel. Diese Zeiten sind vorbei. Jetzt ist Manager Marco Baldi gezwungen, fast jedes Jahr ein neues Team aufzustellen. Auch dieses Mal kommen sieben Neue, während sich die Stützen Dragan Milosavljević, Elmedin Kikanović und Ismet Akpinar neue Klubs suchten. Das Ziel ist auch nicht mehr der Meistertitel. »Wir wollen ins Halbfinale kommen«, sagte Baldi kurz vor dem Saisonstart der Liga an diesem Freitag. Für die Berliner geht es einen Tag später in Ulm los.

Zum zweiten Mal in Folge wechselte Baldi auch gleich noch den Trainer aus. Das Experiment mit dem jungen Ahmet Caki, der dann kurz vor den Playoffs im Frühjahr wegen Erfolglosigkeit entlassen wurde, ist gescheitert. Also probiert es Alba dieses Mal mit einem Erfahrenen, und gestandenere Trainer als Aito Garcia Reneses sind kaum zu finden. Der 70-jährige gewann allein neun spanische Meisterschaften und fünf europäische Titel. Nach vielen Jahren beim großen FC Barcelona machte er sich später einen Namen als Ausbilder junger Talente bei kleineren Teams.

Das kam Alba nun bei Verpflichtungen neuer Spielern zugute. Mit Luke Sikma von Meister Valencia, dem Litauer Marius Grigonis (Teneriffa) und Stefan Peno (Barcelona) kamen gleich drei Spieler aus der besten europäischen Liga, der spanischen ACB. Hinzukommen zwei Assistenztrainer aus Spanien. Besonders mit Peno hoffen die Berliner, einen kleinen Coup gelandet zu haben. Der 20-Jährige gilt als Riesentalent auf der Position des Spielmachers, konnte sich gegen die Stars beim FC Barcelona aber noch nicht durchsetzen. Alba verpflichtete ihn nun für drei Jahre - allerdings mit der Option, dass ihn Barcelona im nächsten Sommer einfach zurückbeordern kann, sollte er einen großen Entwicklungssprung machen. »Um bei Barcelona unterzukommen, müsste er sehr stark spielen. Ich hoffe, er wird gut spielen, aber nicht so überragend, dass Barcelona ihn zurückhaben will«, sagt Albas Sportdirektor Himar Ojeda - auch ein Spanier.

»Wenn eine Trainerlegende wie Aito dich in seinem Team haben will, fällt die Entscheidung nicht schwer«, sagte Peno über seine Beweggründe für den Wechsel. Ins Berliner Jugendkonzept passt zudem, dass Alba auch das Eigengewächs Tim Schneider mit einem Profivertrag ausstattete. »Das ist unsere Positionierung. Wir haben in den letzten Jahren viele Nationalspieler entwickelt. Sportler auf gutem Niveau wollen wir auf das ganz hohe Level bringen. Natürlich wäre es schöner, immer gestandene, erfahrene Spieler zu verpflichten, aber wir haben keinen Mäzen oder Fußballklub im Rücken«, sagte Manager Baldi jüngst bei einem Managertreffen der BBL in Berlin. Eine Spitze gegenüber den Platzhirschen aus Bamberg und München, die es mit Humor nahmen.

Nur witzig hat es Baldi aber nicht gemeint, denn er weiß: Alba Berlin ist höchstens noch die Nummer drei im Land. Immer wenn Baldi mal ein paar gute Leute zusammen hat, sind sie auch schon wieder weg. Kein Spieler kommt zu Alba, um langfristig zu bleiben. Der Klub ist eine Relaisstation, da kann die Stadt noch so attraktiv sein.

Spencer Butterfield ist ein solcher Neuzugang, der mit Absicht nur für ein Jahr unterschrieb. Er ist 24, spielt seit gut drei Jahren in Europa und wechselte bisher nach jeder Saison, Verein und Land. »Ich bin noch jung und hoffe, die Leiter noch weiter hinaufzuklettern, daher sind kürzere Verträge gut für mich, bis ich mein volles Potenzial ausgereizt habe. Erst dann will ich mich irgendwo niederlassen«, sagt Butterfield. In Berlin will er das anscheinend nicht.