nd-aktuell.de / 03.10.2017 / Politik

Schlechte Karten für Albrecht Glaser

AfD-Politiker soll wegen Islamfeindlichkeit nicht Bundestagsvizepräsident werden

Berlin. Albrecht Glaser war jahrzehntelang in der CDU, heute steht er für den islamfeindlichen Kurs in seiner neuen politischen Heimat AfD. Das Ansinnen der Rechtsaußenpartei, den Ex-Kommunalpolitiker zu einem der Vizepräsidenten des Bundestages wählen zu lassen, stößt auf massiven Widerstand. Einwände gibt es insbesondere, weil Glaser Menschen muslimischen Glaubens das Recht auf Religionsfreiheit abgesprochen hat.

Eine der extrem umstrittenen Thesen des Juristen Glaser lautet, der Islam sei eine »Konstruktion«, die selbst keine Religionsfreiheit kenne. »Wer so mit einem Grundrecht umgeht«, so Glasers Schlussfolgerung, »dem muss man das Grundrecht entziehen«. In Interviews bezeichnete der 75-Jährige den Islam wiederholt als politische Ideologie.

Nicht zuletzt Cem Özdemir findet, dass Glaser wegen solcher Äußerungen im Bundestagspräsidium nichts zu suchen hat. »Wer die Religionsfreiheit infrage stellt, hat sich disqualifiziert«, konstatiert der Grünen-Chef. Auch Politiker von SPD, FDP und Linkspartei signalisierten Ablehnung, die Union will zunächst Glasers offizielle Nominierung abwarten. »Für mich steht fest, dass ich Herrn Glaser nicht wählen werde«, sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte der »FAZ«.

SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider sagte der Zeitung, potenzielle Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten müssten »natürlich auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und insbesondere die Grundrechte respektieren«. In der »Passauer Neuen Presse« betonte Schneider, dass es ihm nicht um eine Ausgrenzung der AfD gehe. »Wir stellen nicht Abrede, dass die AfD einen Bundestagsvizepräsidenten bekommt«, sagte er. Für eine abschließende Entscheidung über die Wahl Glasers sei es noch zu früh. »Ich will nicht, dass die AfD in eine Märtyrer- oder Opferrolle kommt.«

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland bezeichnete die Vorwürfe gegen Glaser in der »FAZ« als absurd. »Selbstverständlich stehen wir hinter Herrn Glaser als Kandidaten«, machte Gauland deutlich.

Der am 8. Januar 1942 in Worms geborene Jurist besaß nach eigenen Angaben mehr als 40 Jahre ein Parteibuch der Christdemokraten. Er war von 1995 bis 2002 Stadtrat und Stadtkämmerer in Frankfurt am Main.

Schlagzeilen machte der langjährige Kommunalpolitiker, weil er Berichten zufolge in seiner Zeit als Kämmerer rund 100 Millionen Euro der Stadt in Fonds angelegt hatte, die später Verluste eingefahren haben sollen. Als das öffentlich bekannt wurde, war Glaser aber schon nicht mehr für die Frankfurter Finanzen verantwortlich, sondern Geschäftsführer einer Wohnungsbaugesellschaft.

Im Jahr 2013 gehörte Glaser zu den Gründungsmitgliedern der AfD, er wurde Bundes-Vize und hessischer Landeschef der Partei. Einfluss erlangte er vor allem als Vorsitzender der AfD-Bundesprogrammkommission. Seine Partei stellte ihn zudem als Kandidat für die Wahl des Bundespräsidenten im vergangenen Februar auf, wo er aber komplett chancenlos blieb.

Auch diesmal könnte es nichts werden mit dem repräsentativen Posten: Zwar hat die AfD der Geschäftsordnung des Bundestages zufolge Anspruch auf einen Vizepräsidenten, doch ihr Kandidat muss mit der Mehrheit der Abgeordneten gewählt werden. Die ablehnenden Wortmeldungen von SPD, LINKEN, FDP und Grünen lassen erahnen, dass es für Glaser nicht reichen dürfte. Selbst wenn CDU und CSU theoretisch für ihn stimmen würden, hätte er nicht die erforderliche Stimmenzahl.

Der designierte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sprach sich in der »Bild am Sonntag« (Feiertagsausgabe) gegen eine Sonderbehandlung der AfD aus. Er gehe davon aus, »dass alle Parteien, die am vorletzten Sonntag gewählt wurden, die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten haben«.

Zugleich plädierte er für ein selbstbewusstes Auftreten gegenüber den AfD-Abgeordneten im Parlament. »Unser freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat ist so stark, dass ihn niemand einfach so zerstören kann - weder von außen, noch von innen«, sagte Schäuble. Im Umgang mit der AfD sei Gelassenheit gefragt, »außerdem wünsche ich mir mehr Selbstbewusstsein«. Agenturen/nd