nd-aktuell.de / 04.10.2017 / Politik / Seite 18

Antira besser »connected«

Tim Zülch

»Connect« - verbinden heißt das Motto einer Konferenz der Amadeu Antonio Stiftung zu Willkommensstruktur und Selbstorganisation. Dass selbstorganisierte Flüchtlingsgruppen und deutsche engagierte Antirassisten nicht mehr Dinge gemeinsam auf die Beine stellen, ist eigentlich ein Paradoxon, betont man doch immer wieder, wie wichtig es sei, Vorurteile abzubauen und gemeinsam aktiv zu werden. In der Praxis werkeln die Gruppen hingegen noch zu oft aneinander vorbei. Bei gemeinsam geplanten Aktionen stellt sich hingegen meist schnell eine Arbeitsteilung ein: deutsche Antirassist_innen kümmern sich um Organisation und Finanzen, Geflüchtete um die Inhalte.

Die Konferenz »Connect«, die am kommenden Sonnabend in den Räumen der Robert-Bosch-Stiftung stattfindet, will das ändern. Positive Signale gäbe es bereits: »Aktuell arbeiten Geflüchtete und deutsche Unterstützer_innen immer stärker zusammen, Willkommensinitiativen öffnen sich für geflüchtete Mitstreiter_innen, Förderinstitutionen (...) legen in der Projektauswahl Wert auf die aktive Teilhabe der Geflüchteten in den Projekten«, so die Konferenzankündigung. Die vor zwei Jahren ausgerufene Willkommenskultur, für die Kanzlerin Merkel mit ihrem »Wir schaffen das«-Credo gesellschaftlichen Raum öffnete, trug dazu bei, die Szenerie von ehrenamtlichem Engagement von Betroffenen über formalisierte NGO-Strukturen, Hilfsnetzwerke hin zu neuen Aktionsgruppen durcheinander zu würfeln.

Die Konferenz will nun zum einen die Möglichkeiten der Zusammenarbeit neu buchstabieren und in einem Seminarteil am Nachmittag den Gruppen Werkzeug für »inklusives Handeln« an die Hand geben. So wird in einem der Workshops Basiswissen zu »Projektmanagement und Finanzierung« vermittelt, mit dem Ziel, Antragstellungen zu erleichtern. In einem anderen, von PRO Bleiberecht Mecklenburg-Vorpommern organisierten Workshop, geht es um die Frage, wie migrantische Communities in die Willkommensarbeit einbezogen werden können. Schließlich wird in einem dritten Workshop der drohende Paternalismus von deutsch dominierten Unterstützergruppen im Bezug auf Geflüchtete thematisiert. Deutsche Unterstützungsgruppen müssen sensibilisiert, migrantische Gruppen ermächtigt werden, damit Zusammenarbeit gelänge, schreibt der Verein glokal e.V..

Dass zu viel Sensibilisierung auch zu Blockaden führen kann, hat die Aktivistin Denise Garcia Bergt festgestellt. Sie sagt in einem Interview in einer jüngst von der Rosa-Luxemburg-Stiftung veröffentlichten Broschüre: »Manchmal hatte ich den Eindruck, dass gerade linke Leute regelrecht besessen waren von dieser Farbsache und von der Angst, rassistisch zu sein - und darum absurderweise den Kontakt mit den Geflüchteten ganz gemieden haben.« Die Veranstalter der Konferenz haben sich also einem Spannungsfeld angenommen, das eine spannende Diskussion ermöglichen könnte - wenn ohne Scheuklappen diskutiert wird.