EU geht gegen Steuerdeals vor

Geld von Amazon und Apple soll eingetrieben werden

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Brüssel. Die EU-Wettbewerbshüter gehen juristisch gegen Steuerdeals der US-Konzerne Amazon und Apple in Europa vor. Amazon habe in Luxemburg unlautere Steuererleichterungen von rund 250 Millionen Euro erhalten, teilte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Mittwoch mit. Das Land müsse die als rechtswidrig eingestufte Beihilfe zurückfordern. In einem ähnlichen Fall hatte die EU-Kommission Irland bereits zum Eintreiben von bis zu 13 Milliarden Euro von Apple verdonnert. Irland stellte sich bislang quer, die Brüsseler Behörde verweist den Fall daher nun an den Europäischen Gerichtshof. Der Kommission zufolge genießt Apple einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Firmen.

Die irische Regierung bezeichnete die Entscheidung als »vollkommen unnötig«. Auch wenn Irland die ursprüngliche Entscheidung der Kommission nicht anerkenne, habe es immer gesagt, es werde möglicherweise unzulässige Beihilfen zurückfordern. Laut Kommission ist Irland noch dabei, den Betrag der Beihilfe zu berechnen. Irland hatte gegen den Kommissionsbeschluss vom August 2016 Beschwerde vor dem EuGH eingelegt. Der Behörde zufolge befreit dies Dublin aber »nicht von seiner Pflicht, unrechtmäßige Beihilfen zurückzufordern«.

Apple wollte auf die Entscheidung vom Mittwoch nicht reagieren. Ein Sprecher verwies auf die Erklärung des Konzerns vom Juli, in der Apple erklärt, dass der Konzern praktisch alle Forschung und Entwicklung in den USA betreibe und deshalb dort Steuern zahle.

Auch Amazon habe von unfairen Vorteilen profitiert, entschied die Kommission: »Fast drei Viertel der Gewinne von Amazon wurden nicht versteuert«, so Vestager. Der Konzern habe damit massiv Steuern auf seine in Europa getätigten Verkäufe einsparen können. Amazon wies die Vorwürfe zurück: Man habe keine Sonderbehandlung von Luxemburg erhalten.

Laut den EU-Beihilfevorschriften sind gezielte Steuervorteile für Einzelfirmen verboten. Die Kommission hatte die Steuerregelungen Luxemburgs mit Amazon seit 2014 genauer unter die Lupe genommen. Im Visier stand vor allem ein Abkommen von 2003, das den Zugriff der Steuerbehörden auf Amazon begrenzte. Amazon hatte damals seine Europazentrale in Luxemburg. Seit 2015 versteuert der Internetriese seine Erträge in anderen Ländern - darunter Deutschland und Italien.

Der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold, begrüßte die Entscheidung der EU-Kommission als »Erfolg für die Steuergerechtigkeit«. Die Rückforderung von 250 Millionen Euro sei aber im Vergleich zum Ausmaß des Steuerdumpings von Amazon erschreckend niedrig. Die EU habe ein systematisches Problem mit Steuervermeidung, deshalb seien eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für Firmensteuern und mehr Transparenz notwendig.

Der LINKEN-EU-Abgeordnete Fabio De Masi bezeichnete das Beihilferecht als unzureichendes Instrument gegen Steuervermeidung: Der Nachweis sei umständlich, Strafen gebe es keine. Er forderte Quellen- beziehungsweise Strafsteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen. Zudem müssten die Staaten besser zusammenarbeiten. Einheitliche Mindeststeuersätze könnten den Wettlauf um die niedrigsten Steuersätze beenden.

Auch das globalisierungskritische Netzwerk Attac Deutschland forderte eine Gesamtkonzernsteuer und die Offenlegung geheimer Steuerdeals. Den Preis für solche Deals zahlten die Bürger Europas, denen Milliarden Euro entzogen würden, kritisierte Attac-Steuerexperte Alfred Eibl. Agenturen/nd

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