nd-aktuell.de / 14.10.2017 / Kultur / Seite 9

Im Angebot: Poeten und Weißwurstfrühstück

An diesem Wochenende liegt das Zentrum der Literatur in Frankfurt am Main. Dort geht am Sonntag die diesjährige Buchmesse zu Ende. Das ist natürlich eine falsche Behauptung. Das Zentrum der Literatur liegt an diesem Wochenende wie vor 50 Jahren in der Fränkischen Schweiz. In Waischenfeld erinnert man an das letzte Treffen der »Gruppe 47« im Oktober 1967. Das fand in der Pulvermühle statt, die, so viel sei hier verraten, keine Mühle ist, sondern ein Hotel mit angeschlossenem Gastronomiebetrieb. Und auch die Literatur ist im Jubiläumsjahr eher eine dem Regionalmarketing angeschlossene Einrichtung denn eine geistige Angelegenheit.

Wir zitieren nachfolgend aus der Pressemitteilung der »Tourismuszentrale Fränkische Schweiz«: »Eröffnet wird das Jubiläumswochenende auf der Burg Waischenfeld um 11 Uhr. Daran anschließend geht es bereits in die Vollen mit Lesungen und einer Podiumsdiskussion der beiden Jungstars Nora Bossong und Simon Strauß (…) Im Fraunhofer-Institut werden gleichzeitig Erinnerungen an die ›Gruppe 47‹ und ihre letzte reguläre Tagung in der Pulvermühle aufgefrischt und am Nachmittag mit viel politischer Prominenz die Ausstellung eröffnet. In der Pulvermühle, dem dritten Schwerpunktort des Wochenendes, wird neben einer Ausstellung von Günther-Grass-Karikaturen zu seinem Buch ›Hundejahre‹ vor allem ein Film gezeigt: ›Poeten in der Pulvermühle‹. Der einzige Film, der während einer ›Gruppe 47‹-Tagung überhaupt gedreht worden ist. Der quasi Nachfolgefilm dazu: Andy Ammers Film ›Gruppe 47 - Geheimbund deutschen Geistes‹ (2007) wird am Samstag auf der Burg und am Sonntag im Fraunhofer-Institut gezeigt. Dort wird zudem ein Sonntags-Podium eröffnet, auf dem Zeitzeugen jener Tage (im Oktober 1967) aus ihrer Erinnerung berichten. (…) Neben den 30 Vorlesungen, Podien und Filmbeiträgen gibt es einen Büchertisch mit aktuellen Werken der teilnehmenden Autoren und weitere Orte, an denen Lesungen durchgeführt werden. Es ist ein anspruchsvolles Programm, das ›über eine normale Veranstaltung weit hinausreicht‹, meinte Bürgermeister Edmund Pirkelmann als Veranstalter des Literaturwochenendes.« Auch für das leibliche Wohl sei gesorgt; im kulinarischen Angebot an beiden Tagen: Rewe-Imbiss & Café, Weißwurstfrühstück, Bratwurst, Kaffee und Kuchen.

Die Pulvermühle bot früher übrigens nicht nur deutschen Schriftstellern einen Rückzugsraum. Ab 1968 nutzten Schachspieler das Hotel als Herberge. Der exzentrische Schachweltmeister Bobby Fischer versteckte sich dort im Herbst 1990 drei Monate lang vor der Welt. Es gibt für die »Tourismuszentrale Fränkische Schweiz« also noch viele Gelegenheiten für weitere Jubiläumsfeierlichkeiten. jam Foto: dpa/Nicolas Armer