nd-aktuell.de / 18.10.2017 / Ratgeber / Seite 28

Was Fluggästen bei Verspätung oder Annullierung zusteht

Fluggastrechte

Bei der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin sind zahlreiche Flügen gestrichen und beim irischen Billigflieger Ryanair annulliert worden. Ryanair hat eine kostenlose Umbuchung oder die Erstattung des Kaufpreises angeboten. Die EU-Fluggastrechte-Verordnung regelt die Ansprüche von Verbrauchern gegen die Airlines bei ausgefallenen und verspäteten Flügen.

Wann besteht grundsätzlich Anspruch auf Entschädigung?

Passagiere haben immer dann einen Anspruch auf Entschädigung, wenn die Fluggesellschaft für die Verspätungen, Umbuchungen oder Annullierungen auch verantwortlich ist. Dies gilt zumeist bei technischen Pannen oder Verspätungen wegen Dienstzeitüberschreitungen von Crews, nicht aber bei höherer Gewalt wie Streiks, Unwetter und Luftraumsperrungen etwa wegen Aschewolken aus Vulkanen.

Betroffene Kunden sollten noch am Flughafen den Grund für die Flugplanänderung erfragen und diesen schriftlich und mit Zeugen festhalten. Vor allem beim Thema Schnee und Eis gilt: Haben Airlines ihre Flugzeuge nicht rechtzeitig enteisen lassen, tragen sie eine Mitschuld an der Verzögerung.

Wie ist die Höhe der Ausgleichszahlungen bei Verspätungen geregelt?

Ist die Airline für die Umstände verantwortlich, haben Reisende einen Anspruch auf Entschädigungen, die mit wachsender Flugdistanz steigen: Ab einer dreistündigen Verspätung für Flüge über 3500 Kilometer gibt es 600 Euro. Bei Strecken zwischen 1500 und 3500 Kilometern müssen Airlines 400 Euro zahlen und bei kürzeren Strecken 250 Euro. Ab einer zweistündigen Verspätung bei kürzeren Verbindungen muss die Airline zudem für Verpflegung sorgen, bei einem Weiterflug am nächsten Tag für eine Übernachtungsmöglichkeit.

Wie ist es bei Annullierungen?

Wird der Flug gestrichen, besteht ein Recht auf Erstattung des Ticketpreises oder auf eine Flugalternative. Wer weniger als zwei Wochen vorher von der Annullierung erfährt, hat einen Anspruch auf zusätzliche Entschädigung, sofern keine außergewöhnlichen Umstände zu der Annullierung geführt haben. Auch eine Vorverlegung des Fluges um mehrere Stunden zählt als Annullierung.

Wie sind Annullierungen von Zubringerflügen geregelt?

Wird ein direkter Zubringerflug gestrichen und kommt der Passagier deshalb auch mit dem anschließenden Fernflug verspätet ans Ziel, müssen Airlines ihren Kunden für beide Flüge Ausgleichszahlung leisten (siehe auch nebenstehendes BGH-Urteil).

Was können Betroffene tun, um die Ansprüche durchzusetzen?

Erfahrungsgemäß zahlen die Fluggesellschaften ungern. In solchen Fällen kann man sich an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) wenden. Voraussetzung: Die Betroffenen müssen sich vorher schon um eine Einigung mit der Airline bemüht haben. Wurde ihnen eine abschließende Antwort erteilt oder hat sich die Fluggesellschaft acht Wochen lang nicht gemeldet, so kann man die SÖP einschalten.

Ein Alternative sind spezialisierte Anwaltsportale wie Flightright. Sie setzen Ansprüche ohne finanzielle Vorleistungen durch und führen auch Prozesse gegen die Airlines. Bei einem Erfolg behalten sie etwa ein Drittel der erstrittenen Ausgleichszahlungen als Honorar ein. AFP/nd