nd-aktuell.de / 24.10.2017 / Politik / Seite 20

Zehn Sekunden zwischen Leben und Tod

Australisches Mädchen überlebt Haiattacke

Barbara Barkhausen, Sydney

Die Schreie der 15-Jährigen seien schaurig gewesen. Chris Williams ist die Sorge um seine Tochter noch ins Gesicht geschrieben, als er dem australischen Fernsehsender Channel Nine ein Interview gibt. Was als ein gemeinsamer Wochenendausflug der Familie begann, hätte beinahe in einer Tragödie geendet.

Die 15-jährige Sarah Williams war am Sonntag wie auch ihre Mutter und eine Schwester in einem Kanu südlich von Adelaide unterwegs, während Bruder und Vater in einem größeren Aluminiumboot mit Außenmotor auf dem Wasser waren, etwa 30 Meter von Sarah entfernt: Sie habe den Hai schon im Wasser gesehen und auch seine Flosse, beschrieb das Mädchen später den Moment vor dem Angriff. Doch bevor sie reagieren konnte, griff der Raubfisch an. Er rammte das Kanu und schleuderte Sarah samt Boot in die Luft.

»Der Hai hat das Kanu von unten getroffen und hat sie und das Kanu in die Luft katapultiert«, beschrieb ihr Vater die Situation am Montag dem Radiosender ABC. »Dann kletterte sie wieder ins Kanu und der Hai schlug wild im Wasser herum.« Man habe nur aufgewühltes Wasser und Flossen gesehen. Ihr Vater raste in seinem Boot heran und zog Sarah mit Hilfe seines Sohnes über den vier bis fünf Meter großen Hai hinweg ins Boot. Sarah kam mit einigen blauen Flecken und Kratzern davon. »Das Ausmaß dessen, was passieren hätte können, ist das, was uns im Augenblick verfolgt« sagte ihr Vater. Es seien vielleicht zehn Sekunden zwischen Leben und Tod gewesen. Der Hai wurde später so lange von einem Helikopter überwacht, bis er ins offene Meer hinausgeschwommen war.

Der Angriff weckte Erinnerungen an eine Tragödie, die sich im April ereignete. Damals riss ein Hai einer 17-Jährigen vor den Augen ihrer Familie in Westaustralien beim Surfen ein Bein ab. Auch da konnte der Vater das Mädchen zunächst retten, doch die schwer verletzte Jugendliche starb später im Krankenhaus.

Bereits am Freitag hatte sich ein weiterer Vorfall vor Westaustralien ereignet. Ein Mann, der über sieben Kilometer bis zur Küste schwimmen musste, nachdem sein Tauchboot abgetrieben wurde, musste dabei immer wieder einen etwa vier Meter langen Tigerhai mit einem Speer abwehren. Auch dieser Vorfall ging glimpflich aus.

Das Meer vor West- und Südaustralien ist als Revier für Weiße Haie bekannt. Im Süden werden sogar organisierte Tauchtouren angeboten, bei denen Urlauber in Käfigen mit den Raubfischen tauchen können. Dort wurde zuletzt 2014 ein Mensch von einem Hai getötet. Das Jahr war eines der schlimmsten für Haiattacken. Damals starben fünf Menschen in australischen Gewässern.