nd-aktuell.de / 27.10.2017 / Politik / Seite 20

Festnahme 18 Jahre nach Mord

Mordfall Johanna: Erfolg dank aufmerksamer Bürger und neuer Technik

Gießen. Aufmerksamen Passanten und einer verbesserten Technik zum Fingerabdruckvergleich ist zu verdanken, dass ein Tatverdächtiger 18 Jahre nach dem Mord an der achtjährigen Johanna festgenommen werden konnte. Der 41-Jährige sitzt seit Mittwoch wegen Mordes und besonders schwerer sexueller Nötigung in Haft. Er soll das Mädchen 1999 in den Kofferraum seines Autos gezerrt und gefesselt haben. Laut Staatsanwaltschaft hat der Mann gestanden, dass er sich sexuell an dem Kind vergangen und es dann getötet hat.

Wie Staatsanwaltschaft und Polizei am Donnerstag in Gießen berichteten, brachte ein anderer Missbrauchsfall die Ermittler auf die Spur. Spaziergänger hätten im August 2016 einen Mann bei »Fesselungsspielen« mit einer 14-Jährigen in einem Maisfeld in der Wetterau beobachtet, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft Gießen, Thomas Hauburger. Man habe den Mann unter die Lupe genommen und in seiner Wohnung Beweismaterial gefunden.

Den Durchbruch in den Ermittlungen habe man dank einer minimalen Fingerabdruckspur erzielt: Der abgeschnittene und verzerrte Fingerabdruck war auf einem Stück Klebeband gewesen, mit dem Johanna gefesselt war. Er sei identisch gewesen mit dem linken Daumen des Tatverdächtigen, sagte Hauburger. Der Mann war bereits früher unter den Verdächtigen gewesen, da er das Automodell fuhr, nach dem gefahndet wurde. Damals seien auch Fingerabdrucke genommen worden, aber die Technik sei noch nicht so weit gewesen, um ihn damit zu überführen.

Der 41-Jährige ist laut Staatsanwaltschaft ledig, kinderlos, ohne Beruf und vorbestraft - wegen Betäubungsmittel- und Verkehrsdelikten. Die Ermittler hatten auch geprüft, ob es einen Zusammenhang zu ungeklärten Fällen gibt, bei denen Mädchen ermordet oder missbraucht wurden - das bestätigte sich nicht. In der Wohnung des Mannes fand die Sonderkommission massenweise Kinderpornografie. Der Leiter der Soko »Johanna«, Roland Fritsch, sprach am Donnerstag in Gießen von 17 Millionen Dateien, darunter Hunderte Datenträger und Hunderte Videokassetten.

Es gebe derzeit »keine belastbaren Hinweise«, dass der Mann für weitere Taten verantwortlich ist, sagte Roland Fritsch. Es werde aber mit Hochdruck ermittelt, um ähnliche unaufgeklärte Fälle zu überprüfen. dpa/nd