nd-aktuell.de / 01.11.2017 / Gesund leben / Seite 12

Auch Ärzte in Thüringen Impfmuffel

Mit einer Kampagne sollen die über 60-Jährigen zur Spritze animiert werden

Erfurt. Um die Impfbereitschaft von Ärzten, Schwestern und Pflegern in Thüringen ist es nicht immer gut bestellt. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind auch viele Mediziner nicht gegen Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Grippe geimpft. Gesundheitsministerin Heike Werner (LINKE) will mit verstärkter Aufklärung reagieren. »Aufklärung und Information können viel bewirken, um Vorbehalte gegen Impfungen abzubauen«, sagte Werner.

Sie hält auch den Aufbau eines Nationalen Impfregisters für erforderlich. Eine Impfpflicht für Menschen, die im medizinischen Bereich arbeiten, lehnt die Ministerin aber ab. »Ich setze weiterhin auf Freiwilligkeit beim Impfen. Jeder erwachsene Mensch, also auch Ärztinnen und Ärzte sowie weiteres medizinisches Fachpersonal, entscheidet für sich und die eigenen Kinder, ob eine Impfung gewünscht ist.«

Nach einer Pilotstudie des Robert-Koch-Instituts an zwei großen Universitätskliniken waren in der Wintersaison 2015/2016 nur etwa 40 Prozent der befragten Klinikmitarbeiter gegen Influenza geimpft. Dabei gab es allerdings deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Berufsgruppen in den Krankenhäusern. So waren zwar etwa 56 Prozent der Ärzte gegen Grippe geimpft, aber nur etwa 35 Prozent der Pfleger und nicht einmal 28 Prozent der Therapeuten. Dabei hatten die Kliniken sogar Impfungen durch einen Betriebsarzt angeboten.

Für die Studie, die ausgeweitet werden soll, waren nach Angaben des RKI im zweiten Halbjahr 2016 Mitarbeiter von den Universitätskliniken online und anonym befragt worden. Fast 75 Prozent der etwa 1800 Befragten gaben an, sehr häufig Kontakt mit Patienten zu haben: täglich und das mehr als zwei Stunden lang.

Auch die Landesgeschäftsführerin der Barmer in Thüringen, Birgit Dziuk, sprach sich trotz dieser Zahlen gegen eine Impfpflicht für medizinisches Personal aus. Sie wolle, dass die Kassen eine Diskussion unter anderem mit den Vertretern der Ärzte darüber führten, warum sich relativ wenige Mediziner immunisieren ließen, sagte sie. Erst dann könne man Schritte einleiten, um etwas dafür zu tun, dass sich auch mehr medizinisches Personal impfen lasse.

Aus der Studie des RKI gehen allerdings bereits einige Gründe hervor, aus denen Ärzte, Pfleger und Therapeuten sich in der Vergangenheit nicht haben gegen Grippe impfen lassen. So gaben jeweils 20 Prozent der Befragten an, sie hätten Angst vor Nebenwirkungen, sie hätten die Impfung ganz vergessen oder zu spät daran gedacht.

Allerdings glauben ausweislich der Daten des RKI auch zahlreiche Befragte an Impfmythen, die als wissenschaftlich widerlegt gelten. Immerhin fast 20 Prozent der Befragten sagten in der Studie, sie hätten sich nicht gegen Grippe impfen lassen, weil sie Angst hätten, eine Influenza-Impfung könne die Krankheit erst auslösen. Zudem gaben fast 18 Prozent von ihnen an, eine Grippe-Erkrankung sei für sie ungefährlich.

Ende September war im Freistaat eine Kampagne gestartet, mit der vor allem über 60-Jährige dazu animiert werden sollen, sich gegen Grippe impfen zu lassen. »Wer sich impfen lässt, der schützt nicht nur sich selbst, sondern auch Familie, Freunde, Bekannte«, betonte damals Werner. Das gelte umso mehr für Menschen, die mit Menschen zu tun hätten, die sich aufgrund von Vorerkrankungen nicht gegen bestimmte Krankheiten immunisieren lassen könnten. dpa/nd