nd-aktuell.de / 11.11.2017 / Wissen / Seite 26

SOS bei Wassermangel

US-Ingenieure haben Sensoren entwickelt, mit denen Pflanzen Dürre signalisieren. Von Elke Bunge

Mit dem Klimawandel werden Hitzewellen und Dürreperioden häufiger und länger anhaltend. Allein in diesem Sommer litt der Süden Europas wochenlang unter extremer Hitze mit anhaltender Trockenheit. Damit werden auch Ernteausfälle durch Wassermangel häufiger auftreten. Eine Forschungsgruppe unter der Leitung von Michael Strano vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), hat einen Sensor entwickelt, der insbesondere Kulturpflanzen helfen soll, rechtzeitig ein Alarmsignal bei drohendem Wassermangel abzugeben.

Wenn der Boden austrocknet, verringern die Pflanzen die Fotosynthese-Aktivität und verlangsamen ihr Wachstum. Einige Pflanzen beginnen zu welken, andere dagegen zeigen keine sichtbaren Anzeichen. Der neue Sensor nutzt die Stomata der Pflanzen, dies sind kleine Poren in der Oberfläche eines Blattes, durch die Wasser verdampft. Wenn das geschieht, fällt der Wasserdruck in der Pflanze, dadurch zieht die Pflanze neues Wasser aus der Erde. Die Stomata reagiert jedoch auch auf Helligkeit, sie öffnet sich bei Tageslicht und schließt sich bei Dunkelheit. Diese Dynamik wurde bislang wenig untersucht, da es kaum Möglichkeiten gab, sie in Echtzeit zu messen.

Das Team um Strano untersuchte dieses Öffnen und Schließen der Poren über einige Tage unter normalen und trockenen Bedingungen. Dabei stellten die Forscher fest, dass die Pflanzenporen einer ausreichend bewässerten Pflanze ungefähr sieben Minuten brauchen, um sich nach einer Belichtung zu öffnen und 53 Minuten, um sich bei Dunkelheit wieder zu schließen. Diese Zeiträume ändern sich bei Trockenheit; dann benötigt die Pflanze etwa 25 Minuten zum Öffnen und 45 Minuten zum Schließen ihrer Stomata.

»Forscher wissen schon länger, dass die Stomata auf Licht, Kohlendioxidkonzentration und Dürre reagieren, aber jetzt haben wir genauere Informationen und können diese kontinuierlich überwachen«, so Volodymyr Koman, Hauptautor der im Fachjournal »Lab on a Chip« (DOI: 10.1039/ C7LC00930E) erschienenen Studie. Diese Überwachung erfolgt mit einem elektronischen Sensor, bestehend aus Kohlenstoffnanoröhrchen, die in einer Tinte auf das Pflanzenblatt gedruckt werden. Diese winzigen Röhrchen sind elektrisch leitend und messen den Stromfluss auf dem Blatt. Schließen sich die Pflanzenporen, fließt ein Strom, sind die Poren geöffnet, ist der Stromkreis unterbrochen. Dadurch können die Forscher sehr genau messen, wann eine einzelne Pore offen oder geschlossen ist. »Dies scheint der früheste Indikator für Dürre zu sein, den wir je für landwirtschaftliche Anwendungen hatten«, sagt Strano. »Es ist schwer, diese Informationen auf andere Art und Weise zu bekommen. Man kann Sensoren in den Böden haben oder Satellitenbilder auswerten. Trotzdem weiß man nicht wirklich, wann eine Pflanze unter Wassermangel leidet.«

Das Forscherteam hat bereits Kontakt mit einem großen landwirtschaftlichen Unternehmen für eine Zusammenarbeit aufgenommen, um diese Sensoren für den Einsatz an Kulturpflanzen zu testen. »Diese neue Technologie könnte große Auswirkungen auf die zukünftige Landwirtschaft haben, bei der es insbesondere durch den Klimawandel zu Wassermangel und Veränderungen der Umgebungstemperatur kommen wird«, so die Wissenschaftler. »Auch die Entwicklung dürreresistenter Pflanzen könnte mit den neuartigen Sensoren vorangetrieben werden«, so Strano abschließend.