nd-aktuell.de / 17.11.2017 / Politik / Seite 8

Poroschenkos Partei auch in Gemeindewahlkreisen vorn

Mehr Selbstständigkeit für die ukrainischen Kommunen nach Gebietsreform

Andreas Herrmann

Die zentrale Wahlkommission der Ukraine hat jetzt mit über zehn Tagen Verspätung die Wahlergebnisse der Kommunalwahlen in der Ukraine vom 29. Oktober veröffentlicht. An diesem Tag wurden in 201 vereinigten Landkreisen sowie in 933 Gemeinden (darunter 25 Städte) Wahlen abgehalten. Ähnlich wie in Deutschland hat es in der Ukraine Gebietsreformen gegeben, was eine Neuwahl der politischen Repräsentanten erforderlich machte.

Der Block der Solidaritätspartei von Petro Poroschenko hat dabei einen überzeugenden Erfolg errungen und gewann 60 Gemeindewahlkreise; allerdings auch durch Politiker, die nicht direkt zur Partei gehören, diese aber unterstützen. Julija Tymoschenkos Vaterlandspartei (Batkiwschtschyna) gewinnt in 14 Wahlkreisen, ebenfalls dank parteiloser Kandidaten. Nash Krai (Unser Land) meldet fünf gewonnene Wahlkreise. Diese Partei verfolgt gemäßigt nationalistische Ziele und möchte vor allem die Landbevölkerung repräsentieren. Die konservative Agrarpartei zählt vier, die Partei für konkrete Taten drei Achtungserfolge. Acht weitere Parteien haben jeweils einen Wahlkreis für sich entschieden.

In den neuen Gemeinderäte finden sich sogar Mandatsträger aus knapp 40 politischen Parteien und Gruppen. Die meisten Stimmen erzielte hier allerdings nicht Poroschenkos Partei, sondern seine Widersacherin Timoschenko. Ansonsten ergibt sich bei der Rangfolge ein ähnliches Bild wie bei den Landkreiswahlen. In zehn Gemeinden wurden auch wieder traditionelle »Starostas«, also ehrenamtliche Dorfbürgermeister nach traditionellem ukrainischem Vorbild, gewählt.

Politische Beobachter in Kiew sprechen von einem Erfolg für die Kommunen, die nun mehr Selbstständigkeit bekommen, und einem Votum zumindest gegen Teile der regierenden politischen Klasse. Keine Angaben gibt es über die Beteiligung der Flüchtlinge aus der Ostukraine, die mit zahlreichen bürokratischen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, damit sie an ihren Zufluchtsorten überhaupt wählen können.

Im Vorfeld der Wahlen hatte sich eine Gruppe deutscher Journalisten auf Einladung der European Platform for Democratic Elections (EPDE) in der Ukraine aufgehalten, um Einsichten in das komplizierte ukrainische Wahlsystem sowie in vorgesehene Gesetzesinitiativen zur Wahlrechtsreform zu bekommen.

Nach Einschätzung der Zentralen Wahlkommission in Kiew haben über 1,33 Millionen Menschen an den Wahlen teilgenommen. Die Wahlbeteiligung lag bei 48 Prozent. Nun werden insgesamt 4460 lokale Volksvertreter politische Mandate erhalten.

Laut ODPORA - einer nationalen ukrainischen Wahlbeobachtungsorganisation - gab es einzelne Wahlverstöße. So sollen in einigen Wahllokalen die Stimmzettel ohne Ausweis ausgehändigt worden sein; auch wurden Stimmzettel vor der Wahl teilweise nicht sicher aufbewahrt. In der Region Kherson, kam es zudem zu einem Fall von »Einmischung durch die Wahlaufsicht in die Abstimmung«. Und am 19. November soll es noch Wahlwiederholungen geben, weil in einigen dafür vorgesehenen Orten aus organisatorischen Gründen noch gar keine Wahlen stattgefunden haben.