nd-aktuell.de / 27.11.2017 / Berlin / Seite 11

Berliner LINKE: Privatisierungsbremse in Verfassung verankern

Auf Parteitag wurde positive Bilanz zu einem Jahr Rot-Rot-Grün gezogen / Kontroverse über Organisation von geplanter Schulbauoffensive

Martin Kröger

So viel Lob von den Gewerkschaften gab es beim Landesparteitag der Berliner LINKEN noch nie. »Wir sind total zufrieden damit, was Ihr hier abgeliefert habt«, erklärte die Vorsitzende des DGB-Bezirks Berlin-Brandenburg, Doro Zinke, den rund 150 Delegierten der LINKEN am Samstag in Adlershof. Auch für die kommenden Jahre hofft der Gewerkschaftsdachverband auf eine gute Zusammenarbeit mit der LINKEN, am besten in einer Regierungsbeteiligung über das Ende der Legislatur 2021 hinaus.

Das Beispiel zeigt, wie sehr sich das Standing der Sozialisten nach dem harten Sparkurs der Vergangenheit verbessert hat. Das wiedergewonnen Vertrauen spiegelt sich auch in den guten Zustimmungswerten in den Umfragen und den vielen Neueintritten wieder. Gut auf der Parteiversammlung daran erkennbar, dass über 80 Gäste gekommen sind. »In der Stadt ist angekommen, dass es einen Unterschied macht, wer regiert – und wir machen den Unterschied«, sagte Katina Schubert. Um die Partei in Zukunft noch besser zu vernetzen, will die Landeschefin der LINKEN die Büros und Geschäftsstellen zu »Kümmerer-Orten« machen. Die Partei selbst, das beschlossen die Delegierten in einem Antrag, soll zur »Mitmach-Partei« entwickelt werden.

Inhaltlich unternahm die Landesvorsitzende einen Vorstoß, um die Verhinderung von Privatisierungen öffentlichen Eigentums in der Landesverfassung Berlins zu verankern: »Wir wollen eine Privatisierungsbremse in der Verfassung haben«, sagte Schubert. Da es derzeit im Abgeordnetenhaus nicht die dafür nötige Zwei-Drittel-Mehrheit gebe, sei auch ein Volksbegehren zur Einführung einer Privatisierungsbremse denkbar, hieß es. Im Bundesland Bremen gibt es so etwas bereits seit einigen Jahren; über jede größere Privatisierung muss dort mit einem Volksentscheid abgestimmt werden.

Immer wieder wurde auf dem Parteitag auch die Frage diskutiert, inwiefern die geplante Schulbauoffensive, bei der die großen Bauprojekte in Zukunft von einem Tochterunternehmer der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge ausgeführt werden soll, eine Form des Outsourcings und der Privatisierung darstellt. Dies befürchten Initiativen wie »Gemeingut in BürgerInnenhand«, die vor dem Tagungsort demonstrierten.

»Eine Privatisierung findet mit uns nicht statt«, betonte dagegen Schubert. Es gehe darum, angesichts der Schuldenbremse kreative Wege zu finden, genügend Geld für die dringend notwendigen Neubauten und Sanierungen im Schulbereich aufzutreiben. Die Auslagerung der Schuldenaufnahme auf eine externe privat-rechtlich organisierte GmbH wurde gleichwohl auf dem Parteitag schwer diskutiert. Die DGB-Vorsitzende Zinke kommentierte die Idee: »Das ist ganz schön schlau.«

Weitaus weniger kritisch als in der Vergangenheit wurde die Regierungsbeteiligung der LINKEN auf dem Parteitag bewertet. Als Erfolge linker Politik wurde unter anderem der Freizug der Turnhallen aufgezählt. »Wir haben im letzten Jahr mehr als 12.000 Geflüchteten die Möglichkeit gegeben, die Notunterkünfte zu verlassen«, erklärte Integrationssenatorin Elke Breitenbach. Die Rückendeckung der Delegierten erhielt die in den vergangenen Wochen häufig kritisierte Bausenatorin Katrin Lompscher. Sie sagte: »Stadtentwicklungspolitik ist ein Marathon-Thema – dennoch konnte die LINKE im ersten Jahr zeigen, was wir anders machen.«

Dass es an der Zeit sei, von der »Feuerwehrarbeit« zur konzeptionellen Arbeit überzugehen, sagte der Vizeregierungschef Klaus Lederer. Der Kultur- und Europasenator verwies auch darauf, dass dies nur gemeinsam in der Koalition funktionieren kann. »Wir brauchen SPD und Grüne, um Berlin lebenswerter und sozialer zu gestalten«, so Lederer.

Neben den Berliner Themen befassten sich die Parteivertreter auch mit der Bundespolitik. »Wir sind alle froh über das Scheitern von Jamaika«, sagte der neue Bundesgeschäftsführer der LINKEN, Harald Wolf. Der ehemalige Berliner Wirtschaftssenator fügte hinzu: »Die LINKE in Berlin zeigt ein Gegenmodell zu dieser Politik.« Wie immer sich die Debatte entwickelt, die LINKE sieht sich für alle Eventualitäten gut aufgestellt. Die Möglichkeit einer Minderheitsregierung bezeichnete Wolf als »durchaus charmante Idee«. Im Bundestag würde es dann ganz andere Auseinandersetzungen geben. »Aber wir fürchten uns auch nicht vor Neuwahlen.« Man habe gute Voraussetzungen, daraus gestärkt hervorzugehen.

Während die LINKE in Berlin eigentlich nicht viel Änderungsbedarf in ihrer Wahlstrategie sieht, zeigen die parteiinternen Debatten auf Bundesebene zur Einwanderungspolitik dagegen ein hohes Konfliktpotenzial. Ohne Not hätten Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht kurz nach der Bundestagswahl eine Debatte zur Begrenzung der Zuwanderung losgetreten, kritisierte der Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf. Er plädierte stattdessen für ein Einwanderungskonzept. Udo Wolf betonte auch: »Eine LINKE, die nicht antirassistisch ist, ist keine LINKE mehr.«