nd-aktuell.de / 27.11.2017 / Kultur / Seite 16

Ermunterung

Herzbergs Manifest

Sabine Kebir

Obwohl viele Menschen überzeugt sind, dass es mit dem Kapitalismus und der Zerstörung der natürlichen Ressourcen nicht so weitergehen kann wie bisher, ist in der Gesellschaft ein Trend zum apolitischen Fatalismus zu spüren. Dem entgegentreten will das von Wolfgang Herzberg vorgelegte «Manifest der Teilhabe». Es verlangt die überfällige verfassungsrechtliche Gleichstellung der «sozialen Grundrechte, wie das Recht auf Arbeit und der Umweltschutz» mit «den bürgerlichen Freiheiten». Herzberg will gesellschaftliche Strömungen zur Zusammenarbeit anspornen, die sich diesen Problemfeldern bislang mit unterschiedlicher, zum Teil gegensätzlicher Schwerpunktsetzung widmeten und heute in den politischen Formationen SPD, Linkspartei und Grüne organisiert sind.

Nicht nur das Ziel einer zukunftsfähigen gerechteren Gesellschaft, sondern auch die Geschichte dieser Formationen macht in den Augen des Autors ein Bündnis zwingend, in das die jeweiligen Schwerpunkte einfließen, ohne sich - wie es bislang immer wieder geschehen ist und auch im gegenwärtigen Wahlkampf geschieht - gegenseitig auszuschließen. Wie unsinnig das ist, zeigt das Manifest durch zahlreiche parallel gesetzte Zitate aus den jeweiligen Parteiprogrammen. «Wirtschaftliche Demokratie» fordert die SPD mit Hinweis auf das Grundgesetz, wonach «Eigentum verpflichtet» und dessen «Gebrauch dem Wohl der Allgemeinheit dienen» soll. Auch die Grünen wollen eine «sozial gerechte Wirtschaftsweise …, die Umweltschutz, soziale Sicherheit und wirtschaftliche Dynamik in ein Gleichgewicht» bringt, wodurch Ausgrenzung von Teilhabe am wirtschaftlichen Wohlstand« überwindbar werden. Und die Linkspartei fordert »eine soziale, friedliche, umweltgerechte demokratische Gesellschaft«, die endlich auch »Demokratie in die Wirtschaft« bringt, ohne die sich »Interessen der Allgemeinheit gegenüber Profitinteressen nicht durchsetzen« lassen.

Inhaltlich übereinstimmende Ausschnitte aus den Parteiprogrammen leiten die jeweiligen Abschnitte im Hauptteil von Herzbergs Manifest ein, in denen politische »Steuerungsmittel« ausgeführt werden, mittels derer die »sozial-ökologische Zeitenwende« realisierbar wird: Wirtschaft, Ökologie, Politik, Steuer- und Finanzen, Soziales, Bildung, Kultur, Wissenschaft, Frieden stiftende Außenpolitik. Weil Herzberg klar ist, dass manche der zum Teil sehr detaillierten Ausführungen kontrovers diskutierbar sind, schließt das Manifest mit Vorschlägen zu einem Minimalprogramm für »rot-grün-rote Zukunftsbündnisse« ab.

Es ist sicher sinnvoll, dass Herzberg nicht das Trennende und die zwischenparteiliche Polemik in den Fokus nimmt, die das Publikum ohnehin täglich über die Medien serviert bekommt, sondern die drei Parteien an ihre programmatischen Gemeinsamkeiten und die gesellschaftliche Verantwortung erinnert. Damit sich die politischen Führungen das zu Herzen nehmen, ist freilich massiver und anhaltender Druck der Basis in und außerhalb der Parteien nötig. Das »Manifest der Teilhabe« kann helfen, diesem Druck Aufwind und Orientierung zu geben.

Wolfgang Herzberg: Manifest der Teilhabe. Programmatische Grundbausteine für eine sozial-ökologische Zeitenwende. Verlag am Park, 136 S., br., 12,99 €.