nd-aktuell.de / 27.11.2017 / Sport / Seite 19

Jugend forscht

Das deutsche Basketballnationalteam musste sich noch einmal verjüngen. Der Start in die WM-Qualifikation glückte

Oliver Kern, Chemnitz

Es liegt in der Natur des Leistungssports, dass Trainer über Niederlagen hadern, bei Siegen aber viel Positives zu preisen haben. Am Freitagabend in der Messehalle von Chemnitz waren die Coaches der georgischen und deutschen Basketballnationalteams zwar beide stolz auf ihre Spieler, Ilias Zouros von den unterlegenen Gästen wollte dann aber doch noch auf etwas hinweisen: »Zur Zeit ist es für alle Mannschaften extrem schwer. Wir hatten nur wenige Tage zum gemeinsamen Training. Und uns fehlen mit Ausnahme von Manutschar Markoischwili und Michael Dixon alle wichtigen Spieler.«

Mit ganz ähnlichen Worten dürften an diesem Abend viele Trainer in Europa ihre eigenen Niederlagen begründet haben, denn so gut wie kein Team, das vor wenigen Monaten noch bei der EM spielte, konnte nun mit dem gleichen Kader in die WM-Qualifikation starten. Georgien musste gleich auf sieben EM-Stammkräfte verzichten, der deutsche Bundestrainer Henrik Rödl auf sechs. Immerhin glich sich der Nachteil in Chemnitz also ziemlich genau aus, so dass am Ende mit dem deutschen 79:70-Erfolg ein ähnlicher Sieg heraussprang wie das 67:57 bei der EM in Israel.

Hintergrund der Absagewelle ist ein Streit zwischen dem Weltverband FIBA und und der Euroleague, die den Vereinswettbewerb mit Europas besten Klubs veranstaltet. Kurz gesagt hat die FIBA im Streben nach mehr Aufmerksamkeit und Geld Länderspielfenster mitten in der Saison eingeführt, die Euroleague aber will ihre Partien nicht verschieben - ebenso wie die NBA. Spieler aus den beiden besten Ligen der Welt verpassen nun die WM-Qualifikationspartien, und so verloren Favoriten wie Russland in Bosnien oder Kroatien bei den Niederländern. Den Russen fehlten fünf Spitzenspieler, den Kroaten sogar neun aus dem EM-Kader. Bosnien und die Niederlande hingegen waren bei der EM gar nicht dabei.

Henrik Rödl erlebte dagegen eine erfolgreiche Premiere als Bundestrainer, so dass er die Spieler loben konnte, die ihm dieses Debüt beschert hatten, anstatt wie sein Gegenüber damit zu hadern, dass ihm die besten Akteure gefehlt hatten: »Diese Mannschaft hat heute sehr gut funktioniert, sie hat gekämpft, viel Energie investiert. Darauf bin ich sehr stolz.«

Trotzdem sah auch Rödl natürlich, dass das spielerische Niveau nicht das beste war, und so drängt auch er darauf, dass FIBA und Euroleague ihren Terminstreit endlich beilegen. Dann könnte er vielleicht schon beim nächsten Länderspielfenster im Februar auch die Nationalspieler aus Bamberg, Vitoria und Valencia einsetzen. Bis dahin heißt die Devise aber: Jugend forscht. »Der Vorteil ist, dass jetzt Leute spielen, die man sonst gar nicht im Blick gehabt hätte. Natürlich macht der eine oder andere mal Fehler in seinem Debüt. Aber Dominic Lockhart hat sehr stark verteidigt, und Andi Obst ganz wichtige Würfe für uns getroffen«, lobte Rödl zwei Debütanten aus Göttingen und Erfurt.

Beide empfahlen sich damit für das zweite Qualifikationsspiel an diesem Montag in Österreich, und ein Nachlassen will sich die deutsche Mannschaft nicht leisten. »Jeder Sieg ist wichtig. Man nimmt jedes Ergebnis mit in die nächste Runde«, erklärte Rödl. Es sei immer schwer, in Österreich, »aber es ist wieder unser Ziel zu gewinnen.« Die Österreicher waren übrigens nicht bei der EM dabei - vielleicht ist das gerade ein Vorteil.