nd-aktuell.de / 29.11.2017 / Ratgeber / Seite 23

Anspruch auf Abfindung für gekündigte Arbeitnehmer?

Der »goldene Handschlag«

Gesetzliche Regelungen, tarifliche Bestimmungen und Betriebsvereinbarungen - das Arbeitsrecht ist für Arbeitnehmer nicht immer leicht durchschaubar. So halten sich mitunter hartnäckig manche Irrtümer über die Pflichten von Arbeitgebern und die Rechte von Angestellten. Zum Beispiel bei der Frage, ob gekündigte Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Abfindung haben.

Entgegen der weit verbreiteten Meinung gibt es nach einer Kündigung nur in den seltensten Fällen einen tatsächlichen Rechtsanspruch auf eine Abfindung. »Dennoch lässt sich in einem Kündigungsschutzrechtsstreit fast immer eine Abfindungszahlung erreichen«, weiß Dr. Martin Kupka, Fachanwalt für Arbeitsrecht der Münchner Kanzlei Kupka & Stillfried.

Die Höhe der Abfindung ist dabei von zahlreichen Faktoren abhängig, zum Beispiel:

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kündigung wirksam ist?

Wie viele Beschäftigte hat das Unternehmen?

Wie lange ist der Angestellte schon im Betrieb tätig?

Es ist in jedem Fall empfehlenswert, nach einer Kündigung die Erfolgsaussichten von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen zu lassen. Außerdem ist schnelles Handeln gefordert: »Wenn keine Kündigungsschutzklage eingereicht wurde, gilt die Kündigung nach drei Wochen als wirksam«, betont Dr. Martin Kupka.

Einen tatsächlichen Anspruch auf eine Abfindung gibt es darüber hinaus nur in klar geregelten Sonderfällen: »Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen wie Sozialpläne können in bestimmten Fällen eine Zahlung vorsehen«, so der Arbeitsrechtler. Auch wenn die Beschäftigung mit einem Aufhebungsvertrag beendet wird, sind Abfindungen durchaus üblich. Denn für eine wirksame Kündigung durch den Arbeitgeber muss grundsätzlich ein Kündigungsgrund nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) vorliegen - ausgenommen sind kleine Unternehmen mit maximal zehn Angestellten sowie Beschäftigungsverhältnisse, die noch keine sechs Monate bestehen.

»Fehlt dieser Grund in den übrigen Fällen, wird eine Abfindung häufig als Anreiz zum freiwilligen Gehen eingesetzt«, ergänzt Martin Kupka. Ein Abfindungsanspruch besteht auch bei betriebsbedingten Kündigungen nach § 1a KSchG, die jedoch eher selten ausgesprochen werden. Hier ist auch die Höhe der Abfindung vorgeschrieben.

Grundsätzlich gilt der sogenannte Haustarif: Für jedes Beschäftigungsjahr im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses wird jeweils ein halbes Brutto-Monatsgehalt veranschlagt. »In einem Kündigungsschutzrechtsstreit können häufig jedoch weit höhere Abfindungssummen erzielt werden«, ergänzt der Arbeitsrechtler aus langjähriger Erfahrung. nd