nd-aktuell.de / 01.12.2017 / Berlin / Seite 11

Bedingt handlungsfähig

Nicolas Šustr über Probleme des Senats, Ziele auch umzusetzen

Es. geht. alles. so. unendlich. langsam. vorwärts. in. dieser. Stadt. Das neue Mobilitätsgesetz, das die Verkehrswende in juristische Formeln gießen soll, kommt wohl erst bis Ostern - einige Monate später als angekündigt. Monatelange Wartezeiten müssen auch Antragsteller für Elterngeld oder einen Wohnberechtigungsschein in Kauf nehmen. Heiraten in Mitte? Lieber nicht! Die Ausschreibung des S-Bahnnetzes - jahrelang verschleppt. Genauso wie die dringend notwendige Bestellung neuer U-Bahnen. Die unendliche Baugeschichte des neuen Hauptstadtflughafens BER setzt allem die Krone auf, auch wenn das viel weniger Einfluss auf den Alltag der Berliner hat als die anderen genannten Probleme.

Auch bei den neu zu errichtenden Modularbauten, in denen bis Jahresende 2016 bereits 19.000 Menschen untergebracht sein sollten, ist gerade mal ein Sechstel der Zahl bisher erreicht. Das trifft vordergründig zunächst »nur« die Geflüchteten. Tatsächlich hatte der damalige Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) die sogenannten MUFs auch in Hinblick auf die wachsende Zahl von Menschen geplant, die sich angesichts der rasant steigenden Mieten in der Stadt eine Wohnung nicht mehr leisten können. Täglich steigt die Zahl der Betroffenen.

Natürlich war es ein sportlicher Zeitplan, innerhalb eines Jahres Wohnraum für Zehntausende aus dem Boden zu stampfen. Aber es wäre auch ein Signal gewesen, dass die kaputtgesparte und ineffiziente Verwaltung in der Lage ist, etwas zu reißen, wenn es wirklich nötig ist. Es ist aber ausgegangen wie immer in der Hauptstadt: Irgendwie ist die Sache im Sande verlaufen. Und das liegt durchaus nicht nur an zu wenigen Mitarbeitern. Sondern auch daran, dass Bezirke und Senat sowie Dutzende zuständige Ämter mehr gegen- als miteinander arbeiten.

Es ist richtig, dass der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) das Thema Verwaltungsreform sehr bald zur Chefsache machen möchte, wie er bei der Bilanz zu einem Jahr Rot-Rot-Grün ankündigte. Wenn die Hauptstadt ihre Verwaltung nicht bald in den Griff kriegt, kann der Senat auch seine schönsten politischen Ziele nämlich vergessen.