Popper und Atomkrieg

Klaus Ungerer liest

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 2 Min.

Man möchte ja gerne helfen, besonders den Armen, Schwachen, Bedürftigen, aber da gibt es mindestens ein Problem: »Das Helfen bleibt an denen mit dem guten Willen und den schlechten Finanzen hängen. Mir zum Beispiel. Ich sitze dann zu Hause und studiere Waisenkinderprospekte.« Da könnte man jetzt ja zum Beispiel eine Patenschaft übernehmen. Kostet etwa 30 Euro im Monat. »Welches aber nehme ich? Sie sehen alle so süß aus! Aber sollte ich nicht doch eher eines der hässlicheren, verdrucksteren nehmen? Die anderen werden ihren Weg schon machen.«

Klaus Ungerer, früher eine Zeit lang Redakteur der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«, heute als Autor großartiger Gerichtsreportagen und scharfsinniger Feuilletons bekannt, scheint auch alle paar Monate ein neues Buch zu schreiben.

In seinem auch mit vielen autobiografischen Geschichten und Geschichtchen und Alltagsbeobachtungen angereicherten Traktat »So rettete ich die Welt« erzählt er vom Scheitern, von der Vergeblichkeit vieler Weltverbesserungsversuche, von Friedensbewegten, Menschenrechtlern, Tierschützern und anderen Sekten und Sektierern, vom schlechten Gewissen, »der dunklen, bitteren Urlust des Protestanten« und von den fürchterlichen 80er Jahren, in denen »alles, was scheiße ist, plötzlich in meine Welt hereingebrochen kam: Ronald Reagan, Helmut Kohl, Sweatshirts mit riesigen Werbeaufdrucken, Popper, Atomkrieg«.

Ergänzt wird der Band durch eine mehrteilige Reihe kleiner Porträts der »besten Weltverbesserer der Welt«, die von Mao Zedong (»ein Problem beim Weltverbessern ist häufig, dass man hinterher erst schlauer ist«) und Jesus (»der Weltverbesserer verbessert nie die Welt, sondern allerhöchstens seine paar Hanseln«) bis zum lustigen Anthroposophieonkel Rudolf Steiner reicht, dessen obskure »Philosophie« seinen Anhängern »eine Art Beschäftigungstherapie für Märchenfreunde« beschert hat und die Welt um wenigstens eine Erkenntnis bereichert hat: »Egal, wie durchgeknallt und behandlungsbedürftig du bist - es gibt immer noch einen Haufen Menschen, die bereit sind, dir deinen Mumpitz abzukaufen.« Die Aufklärung scheint noch viel zu tun zu haben.

Klaus Ungerer liest aus seinem Buch »So rettete ich die Welt« (Tropen-Verlag), 1.12., 19 Uhr, »Freddy Leck sein Waschsalon«, Moabit. Eintritt frei.

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