nd-aktuell.de / 07.12.2017 / Politik / Seite 3

Dulig soll sich um den Osten kümmern

Sachsens Wirtschaftsminister bewirbt sich beim SPD-Parteitag als Beauftragter für eine Region, in der die Sozialdemokraten große Probleme haben

Die Krise der SPD hat auch mit ihrer Schwäche in den ostdeutschen Flächenländern zu tun. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen erhält die Partei nur noch knapp über zehn Prozent der Stimmen. Wo die SPD die Regierung anführt - in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg - hat sie zuletzt Stimmen verloren. Nun will die SPD bei ihrem am Donnerstag beginnenden Bundesparteitag in Berlin einen Ostbeauftragten ernennen, der offenbar immer dann in die Medien drängen soll, wenn es um spezifisch ostdeutsche Themen geht. Beispiele wären die Rentenangleichung und der 2019 auslaufende Solidarpakt.

Beworben hat sich Martin Dulig. Er ist seit 2009 Landeschef in Sachsen. Als die Sozialdemokraten im Jahr 2014 eine Koalition mit der CDU bildeten, wurde Dulig Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie stellvertretender Regierungschef. Der 43-Jährige kommt aus einem evangelisch geprägten Elternhaus und gibt gerne vor, die Probleme seiner Mitbürger zu verstehen. Grundsätzlich begrüßt er den politischen Wandel in den Jahren 1989 und 1990, den er als »friedliche Revolution« bezeichnet. Zugleich weist der Sozialdemokrat darauf hin, dass in den Folgejahren viele Menschen Arbeitslosigkeit und soziale Verwerfungen erfahren haben. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, spricht sich Dulig für eine »nachhaltige Wachstumspolitik« aus, durch die alle am steigenden Wohlstand teilhaben könnten.

An der neoliberalen Agenda 2010 will der Sozialdemokrat indes nur kleine Korrekturen vornehmen. »Ich stehe zur Agenda. Sie hat Deutschland wettbewerbsfähig gemacht und ist bis heute dafür verantwortlich, dass wir im internationalen Vergleich glänzend dastehen«, sagte Dulig im Juni der Zeitschrift »Superillu«. Wer von Hartz IV leben muss, wird von solchen Sätzen nicht begeistert sein.

Für Dulig als Ostbeauftragten spricht hingegen, dass er sich mit anderen Politikern oder Teilen des Beamtenapparats anlegt, wenn es notwendig ist. Im vergangenen Jahr kritisierte Dulig die eigene Landespolizei. Er frage sich, »ob die Sympathien für Pegida und die AfD innerhalb der sächsischen Polizei größer sind als im Bevölkerungsdurchschnitt«, sagte Dulig der »Zeit«. Bei den Sicherheitsbehörden seines Landes gebe es »großen Nachholbedarf bei der interkulturellen Kompetenz - und bei der Führungskultur«, so der SPD-Politiker weiter.

Von einem Ostbeauftragten kann die SPD sicherlich keine Wunderdinge erwarten. Zudem drängt sich die Frage auf, warum die Partei ihrer ähnlich ausgeprägten Schwäche in Süddeutschland noch weniger Aufmerksamkeit schenkt. Im kommenden Jahr droht ihr bei der Landtagswahl in Bayern ein ähnlicher Absturz in der Wählergunst wie 2016 in Baden-Württemberg, wo nur noch 12,7 Prozent der Wähler für die SPD stimmten. Aert van Riel