nd-aktuell.de / 11.12.2017 / Brandenburg / Seite 12

Dorf Alwine für 140 000 Euro ersteigert

Björn Graas

Ein Dorf unter dem Hammer: Ein unbekannter Bieter hat per Telefon am Sonnabend auf einer Auktion in Berlin das gesamte Dorf Alwine (Elbe-Elster) ersteigert - für 140 000 Euro. Die abgelegene Waldsiedlung zählt nur 15 Mieter. Viele Wohnungen stehen leer. Bei der Auktion ging alles sehr schnell. In weniger als fünf Minuten wurde das Paket aus neun grauen Wohnhäusern, einer löchrigen Dorfstraße und einem Waldstück an den einzigen Bieter abgegeben.

»Er hatte sich erst am Samstagmorgen bei uns gemeldet und die Unterlagen per Fax geschickt«, sagte Matthias Knake vom Auktionshaus Karhausen. Der Bieter komme aus der Region Berlin-Brandenburg und wolle zunächst anonym bleiben. Er sei nicht von früheren Auktionen bekannt und wohne auch nicht in der Nähe von Alwine. Die Kommune habe ihr Vorkaufsrecht nicht wahrgenommen. »Wir hatten weltweite Anfragen, sogar aus Indien«, sagte Knake. Mehr als 40 Menschen hätten Interesse gezeigt, aber dann nicht mitgeboten. »Der Höchstbieter möchte mit dem Kauf etwas Gutes tun, zum Wohle der Bewohner.«

Das hofft auch Ortsvorsteher Peter Kroll, der bei der Auktion in Berlin mit dabei war. »Unser Wunsch ist es, dass wenigstens die bewohnten Bereiche der Häuser instandgesetzt werden.« Die Häuser seien vom Dach bis zum Keller stark sanierungsbedürftig.

Rund zwei Millionen Euro müssten investiert werden, schätzt Andreas Claus, Bürgermeister der Stadt Uebigau-Wahrenbrück, zu der Alwine eingemeindet ist. Einkaufsmöglichkeiten gibt es in dem Dorf nicht. Die einzige Buslinie in der näheren Umgebung fährt ohne Halt vorbei. Die Siedlung gehörte zu DDR-Zeiten zu einer benachbarten Brikettfabrik, die Anfang der 1990er Jahre geschlossen wurde.

2001 habe die Treuhand Alwine für eine D-Mark an zwei Brüder verkauft, sagte Bürgermeister Claus, der ebenfalls die Auktion beobachtete. Einer der Brüder sei gestorben, daher jetzt die Versteigerung. »Wir sind sehr böse, dass es so weit kommen musste«, kommentierte Claus den ruinösen Zustand der Häuser mit bröckelndem Putz, kaputten Holzfenstern und undichten Dächern. »Eigentum verpflichtet. Deshalb würden wir gerne mit dem Käufer über seine zukünftigen Pläne reden.«

»Da könnte man eine Landkommune draus machen«, spekulierte ein Immobilienhändler aus München. »Das ist eher nichts für Spekulanten, weil die Preise in der Gegend sicherlich nicht steigen werden. Wenn man da nichts macht, sind die letzten Mieter auch bald weg.« Ein anderer Zuschauer schlug vor, die Häuser abzureißen und ein Waldhotel zu bauen. Doch die alten Häuser haben Bestandsschutz, Neubauten seien nicht möglich, erläuterte Bürgermeister Claus.

Neben der Siedlung Alwine wurden auf der Auktion in Berlin auch alte Villen, ein Einkaufszentrum, Bahnhofsgebäude und ein Hochbunker versteigert. Die Objekte wechselten den Besitzer mit der Bedingung »gekauft wie besehen oder nicht besehen«. dpa