nd-aktuell.de / 11.12.2017 / Berlin / Seite 11

Kann der Polizeiakademie geholfen werden?

Der Innenausschuss diskutiert über Sonderbericht / FDP droht mit Untersuchungsausschuss

Stefan Otto

Die Wogen im Streit um die Zustände an der Polizeiakademie könnten sich eigentlich wieder glätten. Die anonym geäußerten Vorwürfe haben sich als nicht haltbar erwiesen. Ein Aushilfslehrer, der sich in einer Voice-Mail über die Disziplinlosigkeit an der Einrichtung aufgeregt hatte - bei seinem Frontalunterricht ist ein Polizeischüler kurz eingenickt -, traf sich mittlerweile mit Vertretern der Klasse. »Der Konflikt konnte beigelegt werden«, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Sonderbericht der Polizei. Auch die Befürchtung eines anonymen Briefeschreibers aus Polizeikreisen, wonach die Akademie von der Organisierten Kriminalität unterwandert werde, gebe es keine Erkenntnisse, heißt es in der Analyse.

Ebenso sei der hohe Anteil von Polizeischülern aus Zuwanderermilieus nicht die Ursache für Unregelmäßigkeiten an der Akademie. Derzeit haben 45 Prozent der Anwärter zum mittleren Dienst einen Migrationshintergrund. Vor drei Jahren waren es erst 27 Prozent. Von der Polizeiführung ist dies durchaus gewollt. Auch die Polizei solle die multikulturelle Stadtgesellschaft abbilden, heißt es.

Die Unzufriedenheit über die Polizeiausbildung wird sich auch mit dem 83 Seiten umfassenden Bericht nicht legen. Wenn Innensenator Andreas Geisel (SPD) das Papier am Montag dem Innenausschuss des Abgeordnetenhauses vorstellt, wird die politische Auseinandersetzung wieder an Fahrt gewinnen.

Der FDP-Innenexperte Marcel Luthe zeigte sich enttäuscht über die Ausarbeitung. Sie offenbare »nichts Neues und schafft vor allem keine Aufklärung«, sagte er der »B.Z.«. Es sei auch nicht zu erwarten gewesen, dass die Verantwortlichen für die Probleme die Missstände selbst benennen. Nun sei es Sache des Parlamentes, alle Vorwürfe im Personalwesen der Polizei durch einen Untersuchungsausschuss zu klären.

Skeptisch äußerte sich auch die CDU. »Der polizeiinterne Bericht zu den Geschehnissen an der Polizeiakademie lässt viele Fragen offen«, erklärte Burkard Dregger, innenpolitischer Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus. Seine Fraktion fordert einen unabhängigen Sonderermittler.

In dem Papier werden auch zunehmende Disziplinlosigkeiten an der Polizeiakademie erwähnt. Ausbilder kritisieren demnach, dass Pünktlichkeit, Höflichkeit oder die Bereitschaft zur Anstrengung »nicht mehr in sehr hohem Maße« präsent seien. Massive Störungen gebe es zwar nicht, aber halt doch »gravierende Verstöße im Einzelfall«. Nach polizeiinterner Einschätzung hat an der Akademie jede Klasse ein bis zwei Polizeischüler, deren Verhalten zu wünschen übrig lasse.

Offen bleibt, woran dies liegt. Fakt ist, dass derzeit weitaus mehr Polizisten ausgebildet werden, als noch vor einigen Jahren, um einem Personalmangel vorzubeugen. Innensenator Geisel spricht von einer Verdreifachung der Zahlen seit 2008. Rund 1200 Polizeianwärter wurden im Herbst dieses Jahres eingestellt. Die unmittelbare Folge der Einstellungen ist ein gravierender Lehrermangel an der Polizeiakademie. Lehrer und Schüler wünschten sich mehr Zeit für eine engere Bindung, heißt es in dem Bericht.

Außerdem hat es im September eine Strukturreform an der Akademie gegeben. Die Hierarchien sind nun flacher und zeitgemäßer geworden, der Theorieunterricht ist ausgedünnt, dafür gibt es mehr Praktika auf Polizeiwachen. Dort soll der Umgang mit klaren Befehlsketten eingeübt werden. Nicht wenige altgediente Polizisten stehen diesen Änderungen reserviert gegenüber.