Elektrobusse aus China

Mobilitätskonferenz sucht Lösungen für die zunehmenden Pendlerströme

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Verstopfte Straßen, überquellende Züge, nur sehr begrenzt erweiterbare Verkehrsflächen. Der öffentliche Personennahverkehr in Berlin und Brandenburg gerät angesichts anschwellender Fahrgastzahlen an seine Kapazitätsgrenzen. Um hier bei den knappen Möglichkeiten herauszuholen, was noch herauszuholen ist, wurde am Montag mit der länderübergreifenden Mobilitätskonferenz eine »Plattform« geschaffen, auf der man sich künftig einmal jährlich zur Verkehrspolitik verständigen möchte.

Der Regionalexpress nach Potsdam sei »proppenvoll« gewesen, schilderte Susanne Henckel, Geschäftsführerin des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), ihr morgendliches Erlebnis bei der Anfahrt vor den rund 100 Konferenzteilnehmern, die ins Haus der Industrie- und Handelskammer gekommen waren. In der S-Bahn auf dem gegenüberliegenden Gleis seien dagegen noch Plätze frei gewesen. Dort hätte man seine Zeitung ausbreiten können, freilich um den Preis, »dass es von Berlin sechs bis acht Minuten länger dauert«.

Noch »einen Wagen dranhängen«, mehr Doppelstockzüge fahren lassen, schmalere Sitzplätze einbauen - so könnte auf wachsende Pendlerströme reagiert werden. Zehntausende ziehen jährlich in den Großraum Berlin, viel mehr, als Prognosen vorausgesagt hatten. Weil sich Autos in der Stadt immer seltener lohnen, sind die Neubürger zu einem hohen Prozentsatz Kunden von Bus und Bahn.

Inzwischen pendeln täglich 230 000 Brandenburger zur Arbeit nach Berlin. In umgekehrter Richtung fahren 86 000 Berliner nach Brandenburg. Darunter sind zahlreiche Studierende, die mit einem günstigen Semesterticket unterwegs sind. »Wir wollen ja auch, dass sie kein Auto nutzen«, sagte Henckel. Darauf aber müsse sich die Verkehrspolitik einstellen. Hoffnungen, dass sich mit der starken Zunahme der Passagierzahlen der Fahrpreis verringern könnte, zerstörte Brandenburgs Verkehrsministerin Kathrin Schneider (SPD) sofort. Im Vergleich mit anderen europäischen Regionen liege man schon »sehr, sehr günstig«. Auch werde immer wieder gefordert, die Tarifzonen-Einteilung für das Berliner Umland attraktiver zu gestalten und die Berliner Tarifzone B auszuweiten. »Man ist dann schnell in Schwedt, Frankfurt (Oder) oder Neuruppin. Ich kann verstehen, dass die Menschen nicht so viel bezahlen wollen«, sagte die Ministerin. Aber: »Wir brauchen die Einnahmen«, unterstrich sie mit Verweis auf den Ausbau der Stecken von Nauen, Dresden und Cottbus nach Berlin, Stammbahn, Heidekrautbahn, Prignitz-Express. Mit der Berliner Stadtgrenze beginne nun einmal die Tarifzone C. Wie man es auch betrachte, es finde sich immer jemand, dem die Tarifgestaltung ungerecht erscheine. Einerseits soll der Zug möglichst überall halten, andererseits soll er aber auch schnell vorankommen. »Mit diesem Konflikt müssen wir umgehen«, setzte Schneider fort.

Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) sagte zu einem eventuellen Ausbau der Berliner U-Bahnlinie 7, »nach Schönefeld wird es bestimmt nicht gehen«, doch sei es nicht unwahrscheinlich, dass die Linie »ein Stück nach Süden« verlängert werde. Derzeit untersuche der Senat, ob an vier U-Bahn-Linien »der Ausbau in Angriff genommen werden« sollte. Für die Senatorin stehen Erhalt, Modernisierung und Ausbau des Straßenbahnnetzes im Vordergrund. Dies sei billiger und führe zu schnelleren Ergebnissen. Zu Batteriebussen (E-Busse) sagte Günther, man werde sich auch in diese Richtung bewegen. Leider gebe es in Deutschland keine Hersteller solcher Busse. Man müsse überlegen, ob man sich an London ein Vorbild nehmen und chinesische E-Busse kaufen wolle. Denen gehe der Ruf voraus, sie seien weniger komfortabel, aber das stimme nicht.

Verkehrsministerin Schneider verwies darauf, dass sich schon 30 brandenburgische Kommunen im Rahmen eines Förderprogramms des Bundes um den Bau von Ladestationen bewerben. Schneider forderte die übrigen auf, dabei nicht abseits zu bleiben.

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