Freitag fährt als Favorit zur Vierschanzentournee

Der 26-Jährige aus Aue präsentiert sich mit seinem dritten Saisonsieg als Vorspringer einer guten Mannschaft

  • Christoph Leuchtenberg, Engelberg
  • Lesedauer: 3 Min.

Richard Freitag schrie mit weit aufgerissenem Mund seine Freude heraus, dann sprang er Kumpel Andreas Wellinger in die Arme: Nach einem triumphalen Sieg bei der Generalprobe in Engelberg ist der Sachse endgültig in die Rolle des Topfavoriten für die Vierschanzentournee geschlüpft. Als erster Deutscher seit Martin Schmitt im Winter 2000/2001 reist Freitag als Gesamtweltcupführender zum Auftakt in seiner Wahlheimat Oberstdorf am 30. Dezember.

»Das war ein toller Wettkampf mit zwei tollen Sprüngen. Es macht mir momentan einfach Spaß«, sagte Freitag, der 24 Stunden zuvor im ersten Springen den Tagessieg noch um mickrige 5,5 Zentimeter verpasst hatte, am Sonntag dann aber eine Klasse für sich war. Mit Traumsprüngen auf 137,5 und 135,0 m deklassierte er Polens Tourneetitelverteidiger Kamil Stoch um 11,6 Punkte sowie Doppelweltmeister Stefan Kraft aus Österreich um 11,7 Zähler.

»Dass er gut springen kann, wusste ich. Dass er so stabil springt, ist eine riesige Freude«, sagte Bundestrainer Werner Schuster: »Wenn man so Erfolge hat, werden die Dinge immer selbstverständlicher. Das war schon sehr stark, das ist eine tolle Geschichte für ihn.« Die Freude über seinen dritten Saisonsieg, alle seit Ende Dezember eingefahren, war dem sonst eher zurückhaltenden Superflieger Freitag auch deutlich anzumerken.

Drei Siege vor der Vierschanzentournee hatte vor Freitag aus deutscher Sicht ebenfalls Schmitt 1999/2000 gefeiert und dann in Oberstdorf Nummer vier folgen lassen. Schmitt beendete die Tournee damals als Dritter. Freitag kann und will es nun besser machen. Schließlich dominiert er eine Olympiasaison, in der er längst nicht mehr nur durch seinen inzwischen zum Markenzeichen gewordenen Oberlippenbart auffällt.

»Was Richard gezeigt hat, ist einfach nur der Hammer. Er hat wieder ein Ding rausgehauen und einfach nur verdient gewonnen«, sagte Wellinger. Der deutsche Spitzenmann der Vorsaison ist derzeit mit 399 Punkten die Nummer zwei im Weltcup hinter Freitag (550), wurde in Engelberg mit Platz sechs am Samstag nach schwachem ersten Sprung und gleichfalls Rang sechs am Sonntag hinter dem starken Markus Eisenbichler (5.) ein wenig unter Wert geschlagen.

Dass im Auftaktspringen am Titlis zunächst die deutsche Erfolgsserie nach drei Einzelsiegen in Folge gerissen war, nahm Freitag recht stoisch zur Kenntnis. »Ach, das fuchst mich jetzt nicht«, sagte er, nachdem er im zweiten Durchgang noch an den norwegischen Sieger Anders Fannemel bis auf einen Zehntelpunkt herangekommen war: »Der erste Sprung war eben nicht so, wie er sein sollte. Das Podium kann ich trotzdem genießen.« Nur den zweiten Durchgang betrachtet, landete Wellinger hinter Freitag auf Platz zwei. Allerdings hatte er - nicht zum ersten Mal in dieser Saison - im ersten Versuch geschwächelt. Das reichte bei Dauerschneefall und schwierigen Winden, um in diesem engen Feld wie schon in Nischni Tagil zwei Wochen zuvor auf Platz 21 zurückzufallen. Wie schon in Russland, als er noch Vierter wurde, ging es auch in Engelberg am Samstag weit nach vorne.

»An den Bedingungen hat es im ersten Durchgang nicht gelegen«, gab Wellinger zu. Heißt aber auch: Erwischt der doppelte Vizeweltmeister einmal zwei Topsprünge, ist auch er bei der Tournee zweifellos ein Sieganwärter. SID/nd

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