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Märchen sind unvorhersehbar

Qualifikationsstress, Frühform, Verletzungen: Die deutschen Wintersportler im Olympia-Check

Laura Dahlmeier und Johannes Rydzek mussten extra aus Österreich und Frankreich eingeflogen werden. Die Biathletin und der Nordische Kombinierer hatten zwar am Sonntag ihre Weltcups nicht gewonnen, konnten aber damit rechnen, am Abend bei der Wahl zu Sportlerin und Sportler des Jahres die Trophäen abzuräumen. Tracht und Anzug lagen schon bereit, also konnte - gemeinsam mit der Mannschaft des Jahres, dem Beachvolleyballduo Laura Ludwig und Kira Walkenhorst - fleißig für die Fotografen gelächelt werden.

Im Februar und März hatten die beiden Bayern zehn WM-Medaillen gewonnen, neun in Gold. Da träumte nicht nur der Deutsche Olympische Sportbund plötzlich von goldenen Winterspielen im Februar 2018. Doch wie sieht es gut 50 Tage vor der Eröffnungsfeier in Pyeongchang aus. Die ersten Weltcupwochen liegen hinter den Athleten. Die meisten gehen nun in die Weihnachtspause. Ein guter Zeitpunkt für eine Zwischenbilanz.

Biathlon

Ehre, wem Ehre gebührt. Die Biathleten um Dahlmeier machen den Anfang, hatten sie im Februar doch sieben WM-Titel eingesammelt. Nach einer Wiederholung in Südkorea sieht es derzeit aber nicht aus. Dahlmeier gewann zwar in Le Grand-Bornand am Sonnabend ihr erstes Rennen in diesem Winter. Ihre Laufform vom Februar hat sie aber noch nicht wieder erreicht. Mit der Slowakin Anastasia Kuzmina ist zudem eine Konkurrentin wieder in ihrer gefürchteten Olympiaform. Die gebürtige Russin gewann 2010 und 2014 den Sprint beim Großereignis - und auch in Frankreich lag sie am Freitag vorn. Bei den Männern laufen Martin Fourcade und Johannes Bö in einer anderen Liga. So sind Medaillen am sichersten von den Staffeln zu erwarten.

Nordische Kombination

»Es läuft nicht immer wie in Lahti«, warnte Johannes Rydzek in Baden-Baden davor, erneut alle Titel in den drei olympischen Disziplinen von ihm zu erwarten. Seit der WM 2017 in Finnland sind vor allem die Norweger näher ans deutsche Team herangerückt. Die Dominanz ist weg, Siege wie die zwei am Wochenende durch Eric Frenzel und Fabian Rießle aber weiterhin jederzeit möglich. Rydzek selbst sucht noch nach seiner Sprungform. »Ob bei Olympia noch so ein Märchen geschehen wird, weiß jetzt noch keiner, aber das ist ja auch das Schöne am Sport«, sagte er.

Skispringen/Skilanglauf

Richard Freitag springt die beste Saison seiner Karriere: drei Siege in sieben Springen. In der Gesamtwertung folgt Teamkollege Andreas Wellinger direkt dahinter. Auch er hat schon gewonnen. Doch siegen beim Saisonhöhepunkt selten die Athleten, die am Anfang ganz oben standen. »Die Form so lange zu halten, ist nicht möglich«, warnte jüngst Österreichs Sprunglegende Toni Innauer. Freitag und Wellinger sollten bis zur Vierschanzentournee also eine Pause einlegen - ähnlich wie Katharina Althaus, die nach zwei Siegen die Weltcupwertung anführt. Von den Langläufern konnte sich bislang niemand für Olympia qualifizieren. Podestplätze wären also eine Sensation.

Ski Alpin

Mit den Kreuzbandrissen von Felix Neureuther und Stefan Luitz fallen zwei Sieganwärter aus. Beide waren vor ihren Verletzungen aufs Podium gefahren. Viktoria Rebensburg gewann auch schon zwei Rennen und blieb zum Glück bislang unverletzt. Die deutschen Speed-Männer sind für Überraschungen gut, trotz des jüngsten Sieges von Josef Ferstl aber sicher noch keine Favoriten auf Edelmetall.

Eiskunstlauf/Eisschnelllauf

Hier dominieren alte Bekannte das Geschehen. Die 33-jährige Aljona Sawtschenko will es nun also mit dem gebürtigen Franzosen Bruno Massot versuchen, endlich Paarlauf-Olympiasiegerin zu werden. Nach ihrer Weltrekordkür beim Grand-Prix-Finale erscheint das trotz starker Konkurrenz aus China und Russland nicht mehr unmöglich. Noch mal zwölf Jahre älter ist Claudia Pechstein. Hält die beste deutsche Wintersportlerin aller Zeiten ihre Form, ist sie über 5000 Meter Mitfavoritin. Auch in der Teamverfolgung ist eine Medaille möglich. Davon können die wesentlich jüngeren Shorttrackerinnen um Anna Seidel nur träumen.

Rodeln/Skeleton/Bob

Läuft alles nach Plan, sind die Rodelgoldmedaillen bei Frauen, Doppelsitzern und in der Staffel für die Deutschen reserviert. Und der wieder erstarkte Felix Loch hat auch Chancen auf die erfolgreiche Titelverteidigung. Deutschlands Bobpiloten um die Weltmeister Johannes Lochner und Francesco Friedrich sind nicht so dominant unterwegs wie im Vorjahr, zeigten zuletzt aber wieder steigende Form. Viel wird in Südkorea vom Material abhängen. Im Skeleton hat nur Weltmeisterin Jacqueline Loelling gute Medaillenchancen.

Ski Freestyle/Snowboard

Die gibt es in den jungen Sportarten wohl nur, wenn es schnell wird: Heidi Zacher und Paul Berg erreichten bereits Podiumsplätze in den Crosswettbewerben, ebenso wie die Snowboarderinnen im Parallelriesenslalom. Über die Buckel, Rails und Riesenschanzen kommen die Deutschen aber weiterhin nicht so elegant wie die internationale Konkurrenz.

Eishockey/Curling

Obwohl die NHL keine Profis abstellt, ist das Ziel der deutschen Eishockeyspieler nur die Viertelfinalteilnahme. Die Frauen verpassten die Qualifikation ebenso wie beide Curlingteams.

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