nd-aktuell.de / 20.12.2017 / Politik

Hänsel fordert mehr Prozessbeobachter

LINKEN-Fraktionsvizechefin: Mehr deutsche Abgeordnete sollen zu türkischen Prozessen reisen

Christina Denz

Istanbul. Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Heike Hänsel, wünscht sich mehr Bundestagsabgeordnete als Prozessbeobachter bei türkischen Verfahren gegen deutsche Staatsbürger. »Mehr Abgeordnete und mehr Unterstützung durch den Bundestag vor Ort wären gut«, sagte die LINKEN-Politikerin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Prozessbeobachtung sei ein deutliches Signal, dass Deutschland genau hinschaue, was bei den Verfahren passiere.

Abgeordnete sowohl aus der Türkei als auch aus anderen Ländern erhalten laut Hänsel erleichterten Zutritt zu den Verhandlungen. Dieses Privileg sollten die Abgeordneten aus Deutschland nutzen. »Das ist unsere Aufgabe, das gehört dazu«, sagte sie.

Hänsel war im April dieses Jahres vom Bundestag entsandt worden, den Prozessauftakt gegen die am Montag freigelassene deutsche Journalistin Mesale Tolu zu verfolgen. Am ersten Verhandlungstag gegen den deutschen Soziologen Sharo Garip am Dienstag, bei dem das Gericht das fast zweijährige Ausreiseverbot gegen Garip aufhob, war sie als Entsandte ihrer Fraktion dabei.

Hänsel erklärte, man dürfe die Entscheidungen der türkischen Justiz zu Tolu, Garip und auch zu Peter Steudtner, der Ende Oktober nach über 100 Tagen Haft nach Deutschland zurückkehren konnte, »nicht überbewerten«. Die Prozesse gingen weiter, die Anklagen, die in allen drei Fällen den Betroffenen Terror-Unterstützung unterstellten, seien nicht fallengelassen worden. Von einer positiven Entwicklung der deutsch-türkischen Beziehungen »sind wir weit entfernt«, sagte Hänsel.

Der kurdischstämmige Garip, der einen deutschen Pass besitzt, wollte nach der Entscheidung des Gerichts in Istanbul so schnell als möglich die Türkei verlassen und nach Köln zurückkehren. Sein Prozess soll am 26. Februar fortgesetzt werden. Die aus Ulm stammende Deutsche Tolu wurde zwar aus der Untersuchungshaft entlassen, muss aber in der Türkei bleiben. Der Prozess gegen sie und weitere Angeklagte ist auf den 26. April anberaumt. Das Verfahren gegen Steudtner, der mit zehn weiteren Menschenrechtlern angeklagt ist, läuft seit November in der Türkei. Bislang keine Entscheidung gibt es zu dem seit rund zehn Monaten inhaftierten deutsch-türkischen »Welt«-Korrespondenten Deniz Yücel. epd/nd