Im Kraftfuttermischwerk umgekommen

Das Landesamt für Arbeitsschutz verzeichnete für das vergangenen Jahr 13 tödliche Arbeitsunfälle

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Kraftfuttermischwerk blinkte auf dem Monitor eine Störungsmeldung an den Motoren auf. Der Anlagenfahrer blockierte die Materialzufuhr vom Silo, öffnete die Tür und schaute in den Mischer hinein. Doch dann setzten sich die scharfkantigen Pflugschare plötzlich wieder in Bewegung, erfassten den 47-Jährigen und zerrissen ihn. Vermutlich hatte eine Überlaufsicherung am Silo bewirkt, dass die Materialzufuhr automatisch geöffnet wurde und der Mischer dadurch wieder in Betrieb gesetzt wurde.

Der Fall steht im Jahresarbeitsschutzbericht 2016, den das Sozialministerium am Mittwoch veröffentlichte. Demnach wäre der Beschäftigte nicht zu Tode gekommen, wenn er die Anlage wie vorgeschrieben vom Stromnetz genommen hätte, oder wenn wenigstens nicht defekte Sicherheitsschalter an der Mischertür manipuliert worden wären. Ähnlich fahrlässig handelte ein anderer Anlagenfahrer, der in einem Sägewerk bei laufendem Betrieb einer Blockbandsäge nachsah, warum der Überwachungsbildschirm in der Bedienwarte vibrierte. Der Beschäftigte rutschte dabei ab und ihm wurde das linke Bein abgetrennt. Im Krankenhaus starb er an den Folgen des Unfalls.

Wenigstens mit dem Leben davongekommen sind der 66-jährige Hausmeister einer Wohnungsbaugenossenschaft und sein Praktikant, die mehrere 15 Meter hohe Bäume vom Hof einer Wohnsiedlung entfernen sollten. Wegen der beengten Verhältnisse konnten sie die Bäume nicht einfach fällen, sondern mussten mittels einer Hubbühne von oben Stück für Stück wegsägen. Doch bis zum Feierabend schafften sie das nicht. Sie räumten die Arbeitsbühne beiseite, um die Zufahrten für das Wochenende freizugeben. Am Montag stellten sie die Hubbühne neu auf und bestiegen den Korb. Doch sie vergaßen, die seitlichen Stützen auszuschwenken. In vier Metern Höhe kippten sie und zogen sich schwere Verletzungen zu, darunter Rippenbrüche und einen Leberriss. Im Jahr 2016 ereigneten sich in Brandenburg 13 tödliche Arbeitsunfälle. Insgesamt sind im Bundesland 25 970 meldepflichtige Arbeitsunfälle registriert worden. Statistisch sind das 23,6 Unfälle auf 1000 Erwerbstätige gewesen - 0,4 weniger als im Jahr zuvor. Bundesweit liegt die Quote bei 22 Arbeitsunfällen pro 1000 Erwerbstätige.

»Die Zahl der Arbeitsunfälle hat sich seit 1997 fast halbiert, obwohl immer mehr Menschen eine Beschäftigung haben«, sagte Sozialministerin Diana Golze (LINKE). »Das haben wir zu einem Großteil dem ganzheitlichen und systematischen Arbeitsschutzansatz im Arbeitsschutzgesetz zu verdanken.«

Das Gesetz war in Deutschland am 21. August 1996 in Kraft getreten. Das Brandenburg bei den Arbeitsunfällen über dem Bundesdurchschnitt liegt, erklärte die Ministerin damit, dass hier gefährliche Branchen wie Bauwesen, Land- und Fortwirtschaft sowie Logistik vergleichsweise stark vertreten sind. Außerdem gebe es mehr kleinere und mittelständische Betriebe, die mit der Durchsetzung der Arbeitsschutzbestimmungen erfahrungsgemäß größere Schwierigkeiten haben.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -