nd-aktuell.de / 27.12.2017 / Berlin / Seite 10

Führerschein, sonst Leine

Anfang 2018 treten die verschärften Regelungen des neuen Hundegesetzes in Kraft

Jérôme Lombard

Auf Berliner Herrchen und Frauchen kommen ab Anfang 2018 verschärfte Regelungen zu. Dann sollen nämlich die bisher aufgeschobenen Verordnungen des 2016 vom Senat verabschiedeten neuen Hundegesetzes in Kraft treten. Konkret bedeuteten die Neuerungen: Leine und Hundeführerschein werden zur Pflicht.

Demnach müssen Hunde in Berlin zukünftig grundsätzlich an der Leine neben ihrem Besitzer herspazieren. Von der Leine dürfen die Vierbeiner dann nur noch in speziell gekennzeichneten Hundeparks und Auslaufgebieten gelassen werden. Von der generellen Leinenpflicht ausgenommen sind diejenigen Hundehalter, die einen Hundeführerschein gemacht haben. Wie auch beim Fahrenlernen soll der Test aus einem theoretischen und einem praktischen Teil bestehen. Kosten soll dieser Sachkundenachweis nicht mehr als 100 Euro.

Doch aufgepasst: Selbst wer als Hundehalter einen Sachkundenachweis besitzt, darf seinen vierbeinigen Kumpel in Fußgängerzonen, Treppenhäusern, öffentlichen Grünflächen, öffentlichen Verkehrsmitteln und bei Veranstaltungen mit Menschenmengen nicht von der Leine lassen. Überall dort gilt allgemeiner Leinenzwang.

Die Gesetzesänderung betrifft auch die sogenannten Listenhunde. Demnach zählen die vier Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Tosa Inu sowie ihre Kreuzungen als gefährlich. Für diese Hunde gilt ab 2018 eine allgemeine Leinen- und Maulkorbpflicht, gleich, ob der Halter einen Hundeführerschein besitzt, oder nicht.

Soweit, so theoretisch. Ein Gesetz braucht für seine Wirksamkeit aber auch eine Instanz, die die Einhaltung kontrolliert. Und genau das ist das Problem an dem ganzen Vorhaben, sagt Lasse Walter, Autor des Buches »Hundeshauptstadt Berlin« und Vorsitzender des »Hundevereins Moabit e.V.«. »Von dem neuen Gesetz halte ich gar nichts. Es mag nett klingen, wird aber niemals durchgesetzt werden können«, sagt Walter. Da es den Ordnungsämtern an ausreichend Personal für die Kontrollen fehle, sei das Hundegesetz nichts weiter »als heiße Luft« und »politische Augenwischerei«, meint Lasse, der selber stolzes Herrchen seines fünfjährigen Basset Hounds Ludwig ist.

Die neuen Verordnungen gehen auf den ehemaligen Berliner Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) zurück. Dieser hatte sich seinerzeit Gedanken darüber gemacht, wie man das Verhältnis zwischen Hundehaltern und der übrigen Bevölkerung entspannen könnte. Mit rund 100 000 offiziell gemeldeten Hunden und einer fast gleich hohen Dunkelziffer ist Berlin immerhin eine ausgewiesene Vierbeinermetropole.

Also initiierte Heilmann den »Bello-Dialog«, bei dem sich Hundehalter, Interessierte und Politiker über grundlegende Probleme und Notwendigkeiten zum Thema austauschen konnten. Ergebnis war das 2016 verabschiedete neue Hundegesetz, das seither Bußgeldstrafen für Kot-Sünder vorsieht, den Verkauf von Hundewelpen auf Flohmärkten verbietet und es den Bezirken leichter macht, Hundeparks und Hundeverbotszonen einzurichten. Die kontroversesten Neuregelungen allerdings, also Leinenzwang und Hundeführerschein, wurden zunächst aufgeschoben. Bis Anfang 2018.

»Es wird sich überhaupt nichts ändern. Der Leinenzwang wird die meisten Hundehalter nicht interessieren und der Hundeführerschein ist sowieso bekloppt«, sagt Lasse. So seien die Kriterien, die dem Hundeführerschein zugrunde liegen sollen, gar nicht einheitlich festgelegt worden. Jede Hundeschule kann ihren eigenen Führerschein ausstellen, eine Überprüfung ist somit gar nicht möglich, argumentiert Hundefreund Lasse.

»Berlin ist in den letzten Jahren immer weniger hundefreundlich geworden«, klagt der 38-Jährige. Mit Hund eine passende Wohnung zu finden, sei extrem schwer. Zudem würden Freiflächen mehr und mehr zugebaut werden. Was die Stadt wirklich brauche, sei die Umwandlung der Hundesteuer in eine Abgabe. »Dann könnte das Geld direkt in den Ausbau hundegerechter Infrastruktur gesteckt werden«, sagt Lasse.