nd-aktuell.de / 30.12.2017 / Berlin / Seite 13

Silvester zum Knast - gegen die Repression

Wie jedes Jahr wird in Berlin zum Jahresende zur Justizvollzugsanstalt demonstriert

Tim Zülch

Kalt ist es meist, dunkel immer. Oft regnet oder schneit es. Man kann sich sicher Schöneres vorstellen, als am Silvesterabend kurz vor 24 Uhr begleitet durch ein beidseitiges Polizeispalier auf einer Demo durch Moabit zu laufen, um vor Knastmauern zu hoffen, dass die ein oder andere Silvesterrakete, die Insassen der dortigen Justizvollzugsanstalt erfreut. »Auch am Ende dieses Jahres, wollen wir wieder ein kraftvolles Zeichen der Solidarität setzen«, schreiben die Organisatoren im Aufruf, der auch auf ihrer Webseite veröffentlicht ist, die zu allen Knastdemos in Berlin seit 1993 Material, sei es Plakate oder Berichte, bereithält. »Lassen wir uns nicht einschüchtern! Ein Zusammenhalt von drinnen und draußen ist enorm wichtig. Nur so können wir für eine Gesellschaft ohne Knäste ... kämpfen«, heißt es im Aufruftext, der auch die »totale staatliche Überwachung«, den »Knast als totale Disziplinierungsinstitution« und die »Ausbeutung durch Niedriglohnarbeit« anprangert.

Die Gewissheit, im letzten Augenblick des Jahres das genau Richtige zu tun und das sich vor den Mauern der JVA schnell einstellende Gefühl der Verbundenheit mit den linken Aktivisten hinter den Mauern, macht die alljährliche Knastdemo tatsächlich zu einem einprägsamen Erlebnis. Über den letztjährige Marsch schreibt ein anonymer Chronist: »Die Demo wurde von Gefangenen im Knast enthusiastisch begrüßt, die durch Winken und Klopfen ihre Freude zum Ausdruck brachten und auch in die ein oder andere Parole einstimmten«.

Immer wieder versuchen die Organisatoren auch, Insassen telefonisch zu erreichen. Dieses Jahr soll speziell auf die hohen Haftstrafen eingegangen werden, die Aktivisten im Rahmen der Proteste gegen den G20-Gipfel in Hamburg erhielten. In der Vergangenheit fanden oft zwei Knastdemos statt, wobei eine nach Moabit, die andere zu einer Frauenhaftanstalt führte. Dies scheint diesmal allerdings nicht der Fall zu sein. Eine diesbezügliche Nachfrage bei den Organisatoren blieb unbeantwortet.

Start: 31. Dezember, 23 Uhr, U-Bahnhof Turmstraße,

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