nd-aktuell.de / 03.01.2018 / Politik / Seite 4

Unerschrockene

Sie ohrfeigte israelische Soldaten und wurde so zur Ikone der Palästinenser: die 16-jährige Ahed Tamimi

Roland Etzel
Die 16-jährige Ahed Tamimi genießt bereits jetzt den Status einer Heldin - bei den Palästinensern. Mahmud Abbas telefonierte mit ihrem Vater und lobte den Kampf der Familie gegen die israelische Besatzung. Nicht der Palästinenserpräsident, sondern das Porträt der Rotblondgelockten ist nun in den sozialen Netzwerken das Gesicht des Widerstandes gegen die Okkupation.

Dafür sitzt Ahed jetzt in einem israelischen Gefängnis. Am Montag wurde ihr die Anklage vorgelesen: Gewalt gegen Sicherheitskräfte, Bedrohung, Aufwiegelung zur Gewalt. Am 19. Dezember hatte Ahed gemeinsam mit ihrer vier Jahre älteren Cousine zwei vor dem Haus ihrer Eltern im Dorf Nabi Saleh postierte israelische Soldaten attackiert - mit bloßen Händen und Füßen.

Das hätte sehr viel schlimmer ausgehen können für die jungen Frauen, denn in der Anklage liest sich die Fußtritt-Ohrfeigen-Attacke wie ein bewaffneter Überfall, der die Soldaten in Israel zum Schusswaffeneinsatz berechtigt hätte. Auch weil die politische Situation gerade hochexplosiv ist. Gerade erst wurde sie von der israelischen Regierungspartei Likud weiter angeheizt, indem eine Annexion des Westjordanlandes an Israel verlangt wurde.

Zum Glück bewiesen die geohrfeigten Soldaten mehr politischen Verstand als ihre Regierung und zogen sich, obwohl schwer bewaffnet, zurück. Das mit dem Fall betraute Militärgericht scheint indes nicht auf Milde eingestimmt zu sein. Ahed wurde als einschlägig vorbestraft eingestuft, hatte sie doch bereits 2015 einem israelischen Soldaten in die Hand gebissen, um ihn an der Festnahme eines ihrer Brüder zu hindern. 2012 hatte das Mädchen einem Soldaten die Faust entgegengestreckt. Das Foto ging um die Welt, ihre Mutter für die »Tat« ins Gefängnis, das auch ihr Vater von innen kennt - für Rädelsführerschaft bei Demonstrationen. Ahed steht also familiär in einer Tradition des Protestes. Ob Messerattacke, Selbstmordanschlag oder oder Steinwurf - alles seien für sie Formen des Widerstandes. Das wird auch in Palästina nicht unwidersprochen bleiben.